Druckartikel: Die Aufgablerin fliegt davon

Die Aufgablerin fliegt davon


Autor: Michael Memmel

Bamberg, Freitag, 30. Juni 2017

Michael Memmel Es war im Jahr 1967, dass unsere Leser Bekanntschaft mit einer Autorin namens Gertrud Glössner machten. Die Bambergerin, die das Lesen von ih...


Michael Memmel

Es war im Jahr 1967, dass unsere Leser Bekanntschaft mit einer Autorin namens Gertrud Glössner machten. Die Bambergerin, die das Lesen von ihrem Opa mithilfe von Traueranzeigen im FT gelernt hatte, veröffentlichte zu jener Zeit ihren ersten Text mit dem hübschen Titel "Flori flog durchs offene Fenster". Gerade mal elf war sie damals. In den folgenden 50 Jahren schrieb sich "gg" als FT-Redakteurin in die Köpfe und Herzen der Leser - bis heute, ihrem ersten Tag im Ruhestand.
Das halbe Jahrhundert zwischen dem ersten und letzten Bericht in der Zeitung (siehe Seite 12) verflog im Nu. Nach dem Abitur studierte sie Literaturwissenschaften in Berlin und Erlangen und sorgte sich nicht um die Zukunft: "Wenn mich keiner nimmt, beim FT komme ich schon unter!" Und so kam es dann auch. Nach ein paar Monaten als Korrekturleserin begann sie 1980 ein Volontariat in der Redaktion und hinterließ fortan ihre Spuren auf den Bamberger Seiten.
2006 übernahm sie Personalverantwortung und führte als Leitende Redakteurin für Bamberg die zuvor eigenständigen Redaktionen von Stadt und Landkreis zu einer Einheit zusammen. Das glückte ihr durch profundes Wissen über die politische Landschaft und zu juristischen Details, aber vor allem auch dank ihres menschlichen Fingerspitzengefühls und ihrer Herzlichkeit. In dieser Zeit rückte sie noch näher an die Leser bei den sehr gut besuchten "Bei-uns-Veranstaltungen" heran. Vor heißen Eisen scheute sie sich nicht, zum Beispiel bei der Gerichtsberichterstattung. Die verdiente Belohnung gab es 2001 in Form des Regino-Preises, den Gertrud Glössner-Möschk zusammen mit Jutta Behr-Groh erhielt. Auch heftige Debatten stieß sie an - wie etwa zum Bamberger Mohrenhaus.
Vor gut einem Jahr übergab sie die Leitung und durfte sich fortan als Chefreporterin wieder verstärkt ihrer Leidenschaft widmen: dem Schreiben. Die tägliche Lokalspitze "Aufgegabelt" ist ihr Abschiedsgeschenk an die FT-Leser - auf Grund ihrer Idee eingeführt und am liebsten von ihr selbst nach einem mittäglichen Spaziergang gefüllt.
Nun steht für sie wie einst für "ihren Flori" das Fenster offen: Sie "fliegt" mit dem heutigen
1. Juli in den Ruhestand - ebenso wohlverdient wie schmerzlich vermisst von den Kollegen. Die wünschen ihr einen langen, gesunden Flug - und dass sie ab und an mal in der Lokalredaktion für einen Zwischenstopp landet.