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Die Angst des Fahrers vor der Röhre


Autor: Günter Flegel

Eltmann, Dienstag, 22. Januar 2019

Lange Zeit war der Tunnel der A70 bei Eltmann der einzige in Nordbayern. Jetzt hat er auf der A3 bei Würzburg einen Bruder bekommen. Die Tunnelbauer dort nutzen die Erfahrungen von hier. Besonders bei der Sicherheit.


Günter Flegel Auch wenn man tausend Mal durchgefahren ist und nicht unter Klaustrophobie leidet: Gegen den Anflug eines mulmigen Gefühls kann man sich nicht wehren, wenn man auf die Röhre des Autobahntunnels zufährt, der auch noch "Schwarzer Berg" heißt. Dabei sind die 722 beziehungsweise 738 Straßen-Meter unter Tage nicht gefährlicher als Freiluft-Strecken. Eher im Gegenteil.

Der Autobahntunnel bei Eltmann war bis vor kurzem der einzige Straßentunnel in ganz Nordbayern. Jetzt hat er Gesellschaft bekommen: den Katzenbergtunnel (A3) bei Würzburg.

20 Jahre "Bauzeit"

Ein Unikum bleibt der Eltmanner Tunnel, weil zwischen Baubeginn und endgültiger Fertigstellung rekordverdächtige 20 Jahre lagen: 1984, vor 35 Jahren also, begannen die Arbeiten an der 738 Meter langen Nordröhre des Doppeltunnels.

1986 war der Tunnel fertig, im Jahr darauf, nach Vollendung der Mainbrücke, konnte der Verkehr durch den Schwarzen Berg mit seinem 220 Millionen Jahre alten Felskern rollen. Dann kam die Wiedervereinigung, und mit ihr wurden die Karten bei der Straßenplanung neu gemischt. Die Folge: Erst 2002 wurde damit begonnen, die 722 Meter lange Nordröhre durch den Berg zu treiben. Zwei Jahre später, 2004, vor 15 Jahren, gab es auch hier freie Fahrt.

Hier war der Euro ein Teuro

Eine Notiz am Rande, die belegt, dass der Tunnel auch ein Stück Zeitgeschichte ist: Für die erste Tunnelröhre investierte der Bund 16,5 Millionen Mark. 20 Jahre später waren für Röhre Nummer 2 dann 15,5 Millionen Euro fällig - plus eine 2,9 Millionen Euro für die Technik.

Das Stichwort Technik führt zur Sicherheit und damit zur Tunnelangst: Die Angst des Fahrers vor der Röhre ist irrational. Andererseits gibt es tatsächlich ein besonderes Tunnel-Risiko, an das jedoch die wenigsten Tunnel-Fahrer denken dürften. Für Tunnel-Planer aber steht es ganz oben auf der Liste: Feuer.

Ein Brand in einem Tunnel ist der schlimmste anzunehmende Unfall; Hitze und Rauch können so schnell außer Kontrolle geraten, dass schon ein überhitzter Motor zur Katastrophe wird. So löste 1999 im Mont-Blanc-Tunnel die Zigarettenkippe eine Lkw-Fahrers ein Inferno aus, in dem 39 Menschen starben.

Ein Brand in einem Tunnel ist aus zwei Gründen extrem gefährlich: In kürzester Zeit wirken Rauchgase tödlich, und sie machen den Tag zur Nacht. Durch den Kamineffekt wird ein Feuer angefacht, es entstehen Temperaturen bis zu 1300 Grad. Die Hölle im Tunnel.

Deshalb wird das Möglichste zur Unfallvermeidung getan - vom Tempolimit schon lange vor dem Tunnel bis hin zur taghellen Ausleuchtung der Röhre. Für den Fall des Falles steckt sehr viel Wissen und Technik im Berg, darunter "viele Sachen, die Verkehrsteilnehmer gar nicht sehen", wie der Tunnelmanager der Autobahndirektion Nordbayern, Frank Heim sagt.

Pilotprojekt in Eltmann

Als bundesweites Pilotprojekt wurde in Eltmann ein Tunnelsimulator entwickelt und getestet; 2016 ließ man im Tunnel sogar ein Auto in Flammen aufgehen, um die Technik real zu prüfen.

Wenn es im Tunnel brennt, kommt es auf jede Sekunde an: Hilfe muss schnell kommen, für Autofahrer darf der Tunnel nicht zur Falle werden. Der Simulator berechnet unter anderem, wie die acht riesigen Lüfter geschaltet werden müssen, um den tödlichen Rauch aus der Röhre zu bringen. Mit seinen 35 Jahren auf dem schwarzen Buckel ist der Tunnel bei Eltmann ganz auf der Höhe der Zeit.