Deutsche Wertarbeit in Simbabwe
Autor: Werner Reißaus
Lanzendorf, Sonntag, 05. August 2018
Vor 36 Jahren besuchten Berthold Horn aus Lanzendorf und der Afrikaner Caxton Chitombo gemeinsam die Meisterschule. Jetzt sahen sie sich wieder. Die Freude war groß.
Zimmerermeister Berthold Horn staunte nicht schlecht, als ein alter Freund und Kollege aus der Meisterschule an seinem 70. Geburtstag als Gratulant auftauchte. Kein Wunder, war Caxton Chitombo doch aus Simbabwe, der ehemaligen Kornkammer Afrikas, angereist.
Von September 1980 bis Mai 1982 hatten Berthold Horn und Caxton Chitombo gemeinsam die Meisterschule für das Zimmererhandwerk in Bayreuth besucht. Zwischen beiden entwickelte sich eine dicke Freundschaft, die auch nach 36 Jahren anhält. Vor sieben Jahren reiste Berthold Horn mit seiner Ehefrau Gunda nach Simbabwe, jetzt hat Chitombo sein Versprechen wahr gemacht und seinen Freund in Lanzendorf besucht.
Mürrisches Gesicht
Berthold Horn erinnert sich noch gut an die Anfänge in der Meisterschule: "Caxton stand in der Pause immer irgendwo in einer Ecke mit einem, wie mir schien, recht mürrischen Gesicht. Ich sprach ihn an, und er gab mir zu verstehen, dass er vom Unterricht überhaupt nichts verstehe." Da habe er sich gefragt, wie man dem Mann helfen könne. Nach Rücksprache mit seiner Frau habe er den Afrikaner ein paar Tage später eingeladen. "Das war irgendwie lustig, denn Caxton verstand kaum Deutsch und wir kaum Englisch." Dennoch kam man sich näher - und der Gast erzählte seine Geschichte. Nachdem in seiner Heimat eine neue, junge Generation für den Wiederaufbau von Simbabwe gebraucht wurde, bekam Caxton Chitombo zusammen mit 40 anderen jungen Leuten ein Stipendium der "Otto-Benecke-Stiftung" für eine Ausbildung in Deutschland. Berthold Horn: "Mein Freund beherrschte bereits verschiedene Sprachen und war auch sonst sehr lernfähig. Deshalb war er auch einer der Auserwählten. Der Haken war nur, dass das Lernen der deutschen Sprache scheinbar organisatorisch auf einen vierwöchigen Kurs an einem Goetheinstitut beschränkt war." So habe man damals "mit Händen und Füßen" geredet, die Mitschüler im Meisterkurs hätten kräftig mitgeholfen. Am Ende bestand Chitombo tatsächlich die Prüfung.
Zwischendurch verbesserte der heute 68-Jährige sein praktisches Wissen und seine handwerklichen Fähigkeiten im Betrieb von Berthold Horn in Lanzendorf. So bekam er einen Einblick in die deutsche Arbeitsweise. Und was Horn noch bemerkte: "Caxton war und ist auch heute noch ein Sonnyboy, der gerne lacht und immer einen lustigen Spruch auf den Lippen hat."
Die Liebe gefunden
Irgendwann habe er eine Studentin aus Lüdenscheid kennengelernt. Nach der Beendigung seiner Ausbildung ging er zurück in sein Heimatland, wo er sich einen Betrieb aufbaute. Seine Uni-Liebe folgte ihm, seit nunmehr 34 Jahren sind die beiden ein Paar, wohnen in Harare, dem ehemaligen Salisbury, und haben drei gemeinsame Kinder.Die Ehefrau von Chitombo führt mit einer Kollegin eine Praxis für Physiotherapie. Nur maximal die Hälfte seiner Stipendiumskollegen haben aus ihrer Ausbildung etwas gemacht, kaum einer den Sprung in die Selbständigkeit geschafft.
Aufbruchstimmung
Caxton Chitombo hat sich mehr auf die Bau- und Möbelschreinerei konzentriert. Horn: "Hier hat er auch sehr gute Geschäftsverbindungen aufgebaut, die er trotz der widrigen Umstände halten konnte. Er hat seine Absicht verwirklicht und leitet in Harare einen Betrieb mit neun Mitarbeitern und drei Azubis." Das Fachwissen ermögliche es ihm, Produkte von hoher Qualität herzustellen. Ein häufiger Kommentar der Kunden laute: "Das ist deutsche Wertarbeit." Caxton Chitombo besuchte von Lanzendorf aus auch das Sommerfest der Freunde der Meisterschule in Windischeschenbach, wo auch ein Treffen mit seinem damaligen Förderer Erich Zieher von der Handwerkskammer stattfand. Die Wiedersehensfreude war riesengroß. Zieher staunte nicht schlecht, was sein Meisterschüler mit seinem in Bayreuth erworbenen Wissen in seinem Heimatland alles geschafft hat.
Wie Caxton Chitombo berichtete, ist in Simbabwe nach der Inflation der letzten Jahre der US-Dollar offizielles Zahlungsmittel. Die Wirtschaft habe sich wieder beruhigt, überall im Land herrsche Aufbruchstimmung. Das soziale Gefälle sei riesig. In den Städten sei zwar ein gewisser Lebensstandard vorhanden, doch auf dem Land lebten die Menschen noch in Lehmhütten.