Deutsch als Schlüssel für die Zukunft
Autor: Thomas Malz
Münnerstadt, Freitag, 05. November 2021
Bildung Ehemalige Lehrer bieten im evangelischen Gemeindezentrum Deutschunterricht für ausländische Mitbürger an. Es gibt Kurse für Anfänger und für Fortgeschrittene.
"Ich komme aus Irak." Michael Kübert ist noch nicht ganz zufrieden. "Ich komme aus dem Irak", korrigiert er. Immer wieder geht der frühere Konrektor der Münnerstädter Mittelschule dazwischen. "In ganzen Sätzen, bitte", fordert er seine Schülerinnen und Schüler auf und lacht dabei. Man spürt, dass es ihm richtig Spaß macht und den Lernenden auch. Geduldig wiederholt er zum fünften Mal, dass es "Hundert" auf Deutsch heißt und dass "Hundred" Englisch ist. Zahlen, Wochentage und Eigenschaftswörter stehen heute auf dem Lehrplan der Anfänger-Gruppe. Der Leistungsstand ist höchst unterschiedlich. Michael Kübert geht individuell darauf ein.
Ein Stockwerk tiefer kümmert sich Bärbel Fürst um die Fortgeschrittenen. Die frühere Diplom-Handelslehrerin möchte ihren Schützlingen ebenfalls die Adjektive näher bringen und zeigt Geschirr in den verschiedensten Farben. Den halben Hausrat hat sie mitgebracht. Sie teilt Lehrmaterialien aus und gibt ein Blatt als Hausaufgaben mit. Kontrolliert werden die ebenso wenig, wie es Noten gibt. Das ist auch nicht nötig. Wer in das evangelische Gemeindezentrum zum Unterricht kommt, will Deutsch lernen, auch wenn die Vorkenntnisse sehr unterschiedlich sind.
Idee kam vom Kirchenvorstand
Schon einmal hatte es im Gemeindezentrum Deutschunterricht für die Bewohner der Gemeinschaftsunterkunft in der Bergstraße gegeben, der dann aber vor Ort gehalten wurde. Im Rahmen der 1. interkulturellen Woche brachte der Kirchenvorstand, allen voran Harry Koch, die Idee ein, den Deutschunterricht im Gemeindezentrum wieder aufleben zu lassen, sagt der evangelische Stadtpfarrer Martin Hild, der das Gemeindezentrum Auferstehungskirche sehr gerne dafür zur Verfügung stellt. Er findet den Kontakt zu den Flüchtlingen sehr wichtig.
Die Münnerstädterin Sue Beul, die den Deutschunterricht seit geraumer Zeit unterstützt, war gleich mit im Boot, und Bärbel Fürst heuerte Michael Kübert an. Beim Boule-Spielen im Jörgentorpark hatte sie ihn gefragt, und er sagte sofort zu. Jutta Ort von der Caritas-Flüchtlingshilfe engagierte sich, und Duran Yldiz von der Freikirche hat die Organisation übernommen. Er hat Kontakte zu verschiedenen Gemeinschaftsunterkünften und spornt die Bewohner an. Heute wollte ein Schüler nicht kommen, weil er Besuch von seiner Familien bekommen hat. "Bring deinen Besuch doch einfach mit", sagte er dazu.
"Mir liegen die Leute sehr am Herzen", betont Duran Yldiz. Er wünscht sich, dass der Unterricht von Bärbel Fürst und Michael Kübert noch mehr Früchte bringt. Wenn die Asylbewerber alleine in der Gemeinschaftsunterkunft hocken und sich nicht beschäftigen können, steigt die Aggressivität, ist er überzeugt. Deshalb findet er den Deutschunterricht auch so wichtig. "Diese Menschen müssen die Sprache und die Kultur verstehen. Das ist unser Ziel."