Der verreckte Flirt
Autor: Markus Häggberg
Lichtenfels, Freitag, 08. Februar 2019
Flirten ist eine Kunst. Man muss geistesgegenwärtig sein, dabei freundlich und souverän, vielleicht sogar ein bisschen unnahbar, gleichwohl jedoch zugeneigt. Auf jeden Fall aber witzig. Kurzum: Ich ha...
Flirten ist eine Kunst. Man muss geistesgegenwärtig sein, dabei freundlich und souverän, vielleicht sogar ein bisschen unnahbar, gleichwohl jedoch zugeneigt. Auf jeden Fall aber witzig. Kurzum: Ich habe keine Ahnung. Was ich aber weiß, ist das, was ich gesehen habe. Mit eigenen Augen und in einem Lichtenfelser Café.
Also das war so: Ich hatte Kaffeedurst und keinen Bock auf Arbeit. Na, und wie das dann so ist, ich schnappe mir ein Buch und gehe dorthin, wo man unter Menschen alleine sein kann. Droht man angesprochen zu werden, kann man ja so tun, als sei man ins Buch versunken. Besteht hingegen überhaupt keine Aussicht auf Drohung, hat man freie Bahn und kann beobachten.
So fiel mir der junge Mann auf, der alleine in einer Ecke saß und das mit Blick auf die Tür. Ob er wirklich etwas gesehen hat, kann ich nicht sagen, denn die Sonnenbrille war zu dunkel. Seine, nicht meine. Na, und wie er so dasaß, da spielte er unentwegt mit seinem Kugelschreiber und ließ diesen in halbhohem Bogen Salti drehen. Mein Rechtschreibprogramm meint zwar ernstlich, es hieße Saltos, aber ich habe es noch anders gelernt. Ob Salti oder Saltos, die Biester gelangen dem jungen bebrillten Schnösel einfach jedesmal. Das blieb nicht ohne Folgen, denn schon bald saß er noch schnöseliger da als vorher. Doch so, wie er dasaß, schien er auf jemanden zu warten. Und tatsächlich, als sich irgendwann die Tür öffnete, kam eine junge Frau herein und ging auf seinen Tisch zu. Der Schnösel stand für die Dame nicht auf (möglicherweise noch souverän oder schon unnahbar), dafür warf er den Kugelschreiber aber immer noch beständig in hohem Bogen durch die Luft.
Auch nahm er die Brille nicht ab. Die junge Frau erkundigte sich nach seinem Namen und er nickte erst, warf dann seinen Kopf leicht in den Nacken und lächelte dabei schief (vermutlich zugeneigt).
Im Gesicht der Frau zeigte sich ein Lächeln, das in Wirklichkeit ein Grinsen war. Unaufgefordert setzte sie sich hin und hinter ihrer Stirn schien etwas geschrieben zu stehen. Ich konnte es aus der Entfernung nicht ganz genau lesen, aber es war irgendwas in der Bandbreite zwischen "Warum gerate immer ich an solche Typen?" und "Was ist das für eine Kanaille!". Der junge Mann wirkte hinter seiner Sonnenbrille weniger von diesen Fragen beherrscht, dafür mehr von seiner coolen Wirkung überzeugt. Und er warf lässig den Kugelschreiber in die Höhe, einmal und noch einmal und ... dann verfing sich der irgendwie hinter seiner Brille und blieb dort stecken. Betretenes Schweigen, ein eingefrorener Moment. Die junge Frau stand auf und ging, was merkwürdig war, denn das war schon sehr witzig. Geklappt hat es mit dem Kennenlernen der jungen Frau aber irgendwie trotzdem nicht.
Aber wie gesagt, ich kenne mich da ja nicht so aus.