Der Stadtrat ist ein prima Sündenbock

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Ich möchte mich bei den Münnerstädtern entschuldigen. Vorab, vorsichtshalber. Nur für den Fall, dass diese Zeilen den Steuerzahler wieder ein paar Tausend E...

Ich möchte mich bei den Münnerstädtern entschuldigen. Vorab, vorsichtshalber. Nur für den Fall, dass diese Zeilen den Steuerzahler wieder ein paar Tausend Euro kosten, weil der Bürgermeister einen Medienanwalt einschaltet.
Ich habe mir das alles angesehen. Bürgermeister Helmut Blank hat nach seiner Rückkehr aus dem Krankenstand Fehler zugegeben - und neue gemacht. Aber wir sind alle nur Menschen. Passt schon.
Bei der Bürgerversammlung in Münnerstadt ist es mir dann das erste Mal aufgefallen: "Man will mich abschießen", hat Helmut Blank gesagt. Gemeint waren natürlich einige Stadträte. Mir wären beinahe die Tränen gekommen. Und es schien ihm gar nicht unrecht, dass einige Münnerstädter heftig auf die Stadträte schimpften.
In anderen Bürgerversammlungen war ganz und gar von "Kasperln" die Rede. Und der Bürgermeister? Der hat das nicht nur zugelassen, er hat noch eins draufgesetzt: "Ich bin der gewählte Bürgermeister der Stadt. Ich bleibe dran. Das ist nicht in Ordnung, was da passiert. In anderen Gemeinden wird gebaut wie blöd, bei uns wird über Recht und Unrecht diskutiert."
Wie bitte? Ich verneige mich vor seiner Fähigkeit, die Dinge zu verdrehen. Wenn Helmut Blank nicht immer wieder einmal rechtlich fragwürdige und moralisch höchst verwerfliche Dinge tun würde, dann müssten die Stadträte auch nicht ständig nach dem Rechten schauen. Das ist sogar ihre Pflicht. Auch ein Bürgermeister in Bayern sollte nicht nach Gutsherrenart schalten und walten dürfen, wie es ihm gerade beliebt.
Und woanders wird gebaut? Aha! Wer legt denn die Tagesordnung der Stadtratssitzung fest? Woran liegt es denn, dass in Münnerstadt seit Jahren kein neues, großes Projekt mehr umgesetzt worden ist? Dafür werden Luftschlösser wie Badeseen und Lehrschwimmbäder gebaut. Und beinahe wäre die Karlsberganbindung wieder im jüngsten Stadtrat diskutiert worden. Das ist ein Thema seit mehr als 30 Jahren. Es wird auch eins bleiben, aber jetzt muss sich die Stadt wirklich erst einmal auf die bereits geplanten Dinge konzentrieren. Dann werde er das Thema halt über die Presse angehen, hat Helmut Blank bockig vor versammelter Mannschaft verkündet, nachdem ihm die Stadträte sein neues "Spielzeug" weggenommen hatten.
Ich habe vorsichtshalber mal auf meinen Gehaltszettel geschaut: Ich stehe noch nicht in seinen Diensten, also wird es wohl vorerst auch nicht noch einen Zeitungsartikel dazu geben. Dabei würde ich gerne berichten. Ja, es würde mich freuen, zu einem Spatenstich für das neue Gerätehaus zu gehen, oder über die laufende Sanierung der Mehrzweckhalle zu schreiben. Stattdessen werde ich zu "wichtigen Presseterminen" gerufen, bei dem der Bürgermeister gerade wieder einmal einem Bagger beim Baggern zuschaut.
Wer ist verantwortlich dafür, dass seit Jahren nichts passiert? Die "Kasperl" vom Stadtrat? Sicherlich nicht. Die üben ihre Tätigkeit ehrenamtlich aus, die meisten sind berufstätig, opfern ihre freie Zeit. Es ist einfach nur schäbig, ihnen die Schuld für die durchaus vorhandene Misere in die Schuhe zu schieben. Und warum haben diese "Kasperl" ein halbes Jahr lang sehr gut, teilweise sogar hervorragend zusammengearbeitet? Aus einem einfachen Grund: Weil sie es wollen und auch können. Dass sie es besonders gut können, wenn der Bürgermeister nicht da ist, spricht eigentlich für sich.
So schlecht ist die Stimmung übrigens unter den Stadträten auch jetzt nicht. Natürlich missfällt es dem Bürgermeister, dass aus dem Gremium immer wieder nachgebohrt wird, wie beispielsweise bei den 5400 Euro Anwaltskosten.
Bezüglich seiner nicht getätigten Entlastung haben 13 von 17 anwesenden Stadträte für den Beschlussvorschlag votiert, darunter einige der CSU. Überhaupt wird seit Monaten oft quer durch die Fraktionen abgestimmt. Das ist auch gut so. Das Gewissen sollte entscheiden, nicht Gruppenzwang oder falsch verstandene Loyalität.
Ich habe mir das alles angeschaut, und ich bin zu einem Schluss gekommen: Ja, Münnerstadt hat ein dickes Problem. Und nein, der viel gescholtene Stadtrat ist es nicht.