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Der Pelzkauf ist nur ein Vorwand


Autor: Josef Hofbauer

Forchheim, Donnerstag, 24. Mai 2018

Fahrende Händler wollen in Wirklichkeit wertvollen Schmuck. Um an die Preziosen heranzukommen, hat jeder seine eigene Masche. Bis zum Raub ist alles möglich.
Foto: Josef Hofbauer


Josef Hofbauer

Das Angebot war zu verlockend. Bis zu 9000 Euro verhieß am 14. Mai eine ganzseitige Anzeige im Fränkischen Tag für getragene Pelze. Diese Gelegenheit wollte Lilo Meier aus Egloffstein nicht ungenutzt lassen. Sie versuchte Kontakt mit den Pelzhändlern aufnehmen, die laut Inserat auch Interesse an alten Möbeln, Militaria, Gemälden und Schmuck zeigten.
Doch unter der angegebenen Handynummer meldete sich niemand. Als auch die E-Mail über eine Woche unbeantwortet blieb, wandte sich Ehemann Christel Meier an seine Heimatzeitung, den Fränkischen Tag.


Pelze waren wohlfeil

"Meine Frau hat noch alte Pelze, aus der Zeit als wir jung waren, die trägt sie nicht mehr und würde sie gerne zu Geld machen", erklärte Meier. So dachte wohl auch die 62-jährige Sigrid S. (Name geändert) aus Haßfurt. Ihre Pelze beeindruckten den Ankäufer mit osteuropäischem Akzent. Er fotografierte die Ware und versprach, einen Abnehmer dafür zu suchen. Ganz beiläufig brachte er das Gespräch darauf, ob Sigrid nicht auch noch alten Schmuck besitze.


Auf Schmuck abgesehen

Sie bejahte und zeigte ihre Schätze. Beim Preis zeigte sich der Händler plötzlich überfordert. Er müsse die Ware mitnehmen und prüfen lassen, argumentierte er. Gegen eine Anzahlung, willigte die Frau ein, die den Käufer seither nicht mehr gesehen hat. Deshalb liegt ihre Anzeige nun bei Rainer Strätz von der Haßfurter Polizei.
Helmut Fink, Chef der Polizei Pfaffenhofen/Ilm bearbeitet eine ähnlichen Fall. Ein 73 und 76 Jahre altes Ehepaar offerierte den Pelzhändlern eine Rotfuchs, eine Graufuchs- und eine Nerzjacke. Der Fremde fotografierte die Statussymbole früherer Zeiten und versprach, sie einem Geschäftspartner zeigen. Schließlich wollte der Mann Schmuck sehen. Für 250 Euro verschwand er mit einem Goldkettchen und Ringen. An den Pelzen, für die er Höchstpreise geboten hatte, zeigte der Händler kein Interesse mehr. "Mir ist die Vorgehensweise nicht unbekannt", erklärt Helmut Fink, der zehn Jahre im Betrugskommissariat der Kripo in Ingolstadt gearbeitet hat am FT- Telefon. "Die Pelze sind nur ein Vorwand, um bei den Leuten einen Fuß in die Tür zu bekommen. Ist der Fremde, der sich in der Regel auch nicht ausweist, erst einmal da, lenkt er das Interesse auf den Schmuck, auf den es ihm wirklich ankommt.
Das Problem: "Wir bewegen uns da in einer Grauzone", findet Kommissar Fink. Einerseits seien Goldankäufe fahrenden Händlern verboten. Doch wirke die Ordnungswidrigkeit nicht abschreckend genug. Außerdem würden nur wenige dieser Fälle angezeigt. "Das sind Privatgeschäfte, die wir nicht überwachen können", bedauert Fink, der einräumt, dass dabei die Verkäufer über den Tisch gezogen werden.
"Das Gros der Schmuckaufkäufer sind keine Diebe, Räuber und Einbrecher. Aber es sind Nepper, Schlepper und Bauernfänger. Von denen hat jeder seine eigene Masche", berichtet Fink. Die einen nutzen einen unbeobachteten Moment, um einen Teil des Schmuckes in die eigene Tasche wandern zu lassen, andere versuchten herauszufinden, wo der Schmuck aufbewahrt wird, lenkten den Gesprächspartner ab und bemächtigten sich so des Familienerbes.


Auch Raub ist möglich

Oft gelinge es den fahrenden Händlern auch, die Kunden zu überreden, ihnen den Schmuck zur Prüfung mitzugeben, wie in Haßfurt. Denkbar sei aber auch, dass die Fremden die Beute mit Gewalt an sich reißen oder anderen Hinweise geben, wo es etwas zu holen gibt. Dann könne es schon vorkommen, dass Leute, die ursprünglich nur ihre alten Pelze los werden wollten nachts ungebetenen Besuch bekommen. "Ausschließen kann man das nicht", findet Rainer Strätz von der Polizei Haßfurt.


"Das sind Betrüger"

Geprellt von den Pelzhändlern fühlt sich auch Siegfried Putz, Inhaber der Werbeagentur in Grafenau, den die Osteuropäer beauftragt hatten, die Annonce in bayerischen Tageszeitungen zu schalten. "Das sind Betrüger, die Firma gibt es gar nicht. Warnen Sie Ihre Leser", sprudelt es auf telefonische Nachfrage aus ihm heraus. Für Rainer Strätz steht auch fest, dass es sich nicht um Einzeltäter handelt, sondern um ganze Gruppen. Deshalb rät der Polizeibeamte: "Lassen Sie niemand ins Haus, den Sie nicht kennen. Die Aussicht auf ein lukratives Geschäft kann Sie teuer zu stehen kommen."