Der Ortsgeschichte nachgespürt
Autor: Gerda Völk
Ebensfeld, Montag, 29. Sept. 2014
Vortragsabend Den "Denkmalpflegerischen Erhebungsbogen" erläuterte in Ebensfeld die Historikerin Alexandra Baier vom Büro"transform". Die Archäologin Kathrin Schäfer ging auf den Forschungsstand der Pfarrkirche ein.
von unserer Mitarbeiterin Gerda Völk
Ebensfeld — Zur dritten Veranstaltung im Rahmen der Vorbereitenden Untersuchungen zur geplanten Städtebauförderungs-Maßnahme waren zahlreiche Bürger in das Jugendheim gekommen. Neben der Stadtbauhistorikerin Alexandra Baier vom Büro"transform", die über den "Denkmalpflegerischen Erhebungsbogen" informierte, berichtete die Archäologin Kathrin Schäfer über den aktuellen Forschungsstand zur katholischen Pfarrkirche Mariä Verkündigung.
Die junge Archäologin hatte vor einigen Jahren die archäologischen Ausgrabungen der Kirche begleitet und ihre Magisterarbeit zum Thema geschrieben. Bei der Innensanierung der Kirche 2007 fanden sich Mauerreste direkt unter den Fußbodenplatten. Daraufhin wurde das Landesamt für Denkmalpflege verständigt.
Im Laufe ihrer Ausgrabungen fanden die Archäologen verschiedene Fundamentreste einiger Vorgängerkirchen. Eine Ersterwähnung der Ebensfelder Kirche findet sich im Jahr 1284 in einem Ablassbrief des Bamberger Bischofs Berthold von Leiningen. Darin wird all jenen ein Ablass gewährt, die zum Ausbau der Kirche beitragen wollen. Doch das dürfte nicht die erste Kirche gewesen sein.
Die Ebensfelder Kirche befindet sich auf einer leichten Erhöhung über dem Kehlbach. Hier könnte sich bereits vor dem 11. Jahrhundert ein steinerner vorromanischer Kirchenbau befunden haben. Gegen Ende des 11. Jahrhunderts wurde dieser Vorgängerbau durch eine romanische Chorturmkirche mit halbrunder, eingezogener Apsis und stärkeren Mauern ersetzt.
Der nachfolgende gotische Bau von 1284 mit langem Recht eckchor war mehr als doppelt so lang als das alte Gotteshaus. Mit dem Neubau rückte der Turm vom Zentrum des Chores an die Seite des Gebäudes.
Im 14./15. Jahrhundert erhielt das gesamte Kirchhofareal eine hohe Mauer, mit je einem Tor im Westen und Osten. Während des Dreißigjährigen Krieges brannte die Kirche 1633 ab, ihr Wiederaufbau erfolgte von 1653 bis 1657.
20 Jahre später fällt die Kirche erneut einem Brand zu Opfer. Ihr Wiederaufbau zieht sich bis zum Jahr 1700 hin. Während des 18. Jahrhunderts erhält das Gotteshaus seine barocke Innenausstattung.
Den Um- und Neubau der Ebensfelder Kirche im Jahr 1911 in seine heutige Form hatte der damalige Pfarrer Schwarzmann zum Anlass genommen, nach den sterblichen Überresten des russischen Fürsten und Generals Repnin zu forschen. Der Adelige war 1748 im Ebensfelder Gasthaus "Zu den drei Kronen" verstorben. Während sein Leichnam nach Russland überführt wurde, hat man dessen Eingeweide in der Ebensfelder Kirche beigesetzt.
Mauerreste weisen auf Gräber hin
Die erhofften Hinweise auf den russischen Fürsten hat Pfarrer Schwarzmann allerdings nicht gefunden, dafür aber an verschiedenen Stellen im Chor und im Langhaus Mauerreste. In der Nähe des Hochaltars fanden sich Gräber ehemaliger Pfarrer von Ebensfeld. Die Baugeschichte der Kirche muss wohl eine sehr verzwickte sein, lautete damals die Erkenntnis des Geistlichen.
Im Zuge ihrer Ausgrabungen fanden die Archäologen 2007 persönliche Grabbeigaben, Sargnägel, Reste von Borten, einen silbernen Heller und Reste mittelalterlicher Schuhe. Einen besonderen Fund stellen nach Ansicht von Kathrin Schäfer die beiden eisernen Menschenfiguren dar, die innerhalb einer in das Fundament der Südwand geschlagenen Nische in der Südostecke des gotischen Chores gefunden wurden.
Die beiden Figürchen sind zwischen zehn und 15 Zentimeter groß und jeweils aus einem Stück gefertigt. In der Nische fanden sich auch Bruchstücke zweier Deckel sowie Scherben von Gefäßen, die sich auf das 13. bis beginnende 14. Jahrhundert datieren lassen.
Der "Denkmalpflegerische Erhebungsbogen" bildet die Planungsgrundlage für die Planer. "Damit die Planer auch wissen, was an denkmalpflegerischem Bestand vorhanden ist", informierte Stadtbauhistorikerin Alexandra vom Büro "transform".
Seit den 80er Jahren gibt es diese Erhebungsbögen. Seitdem wurden mehr als 800 Dörfer und Städte untersucht. Damit erhofft man sich laut Alexandra Baier ein einzigartiges Archiv. Im denkmalpflegerischen Erhebungsbogen werden Daten zur Siedlungsgeschichte wie Erstnennungen und historische Haus- und Hofbezeichnungen aufgenommen.
In der Rubrik historische Dorfstruktur werden Daten zum Siedlungskern, zu Siedlungserweiterungen und zur historischen Wirtschafts- und Sozialstruktur des Ortes erfasst. Weitere Themenbereiche sind Naturraum und Lage, die gegenwärtige Dorfstruktur sowie Bauten und Räume des historischen Ortsbildes.
Erfasst werden auch Baudenkmäler und historische Gebäude. "Diese Werte machen in ihrer komplexen Gesamtheit den unverwechselbaren historischen Ort aus und wirken für seine Bürger identitätsstiftend", erläuterte Baier.
Die Stadtbauhistorikerin hofft auf möglichst viel historisches Bildmaterial aus der Bevölkerung, dass nachdem es abfotografiert wurde, wieder an den Besitzer zurückgeht.