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Der ÖPNV steht auf der Kippe


Autor: Stephan-Herbert Fuchs

Kulmbach, Dienstag, 14. Juni 2016

Mehrere Konzessionen für OVF-Linien laufen bis 2019 aus. Die zukünftige Regelung ist noch unklar.
Die Schülerzahlen sinken rapide, und damit auch die Zahl der Busfahrer. Foto: Archiv/Werner Reißaus


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Ein großer Teil des Busverkehrs im Landkreis Kulmbach steht auf der Kippe. Grund dafür ist, dass mehrere Konzessionen des Omnibusverkehrs Franken (OVF) bis spätestens 2019 auslaufen und eine Wiederbeantragung durch das zum DB-Konzern gehörende Unternehmen aus wirtschaftlichen Gründen nicht zugesichert werden kann. "Das Problem betrifft viele Landkreise in Oberfranken", sagte Landrat Klaus Peter Sölllner bei der Sitzung des Wirtschafts- und Kulturausschusses am Dienstag.
Die Zeit der gelben Postbusse, die den gesamten ländlichen Raum flächenhaft bedient haben, ist vorbei. Aber ist vielleicht schon bald auch die Zeit der roten OVF-Busse vorbei? "Der Busmarkt verändert sich ganz stark", sagte Esther Heckmann vom OVF. Sie sprach auch von "extrem ökonomischen Einbrüchen". Als Hauptproblem bezeichnete sie den demographischen Wandel, der dafür sorgt, dass die Zahl der Schüler rapide abnimmt. Gerade Schüler stellten aber 80 Prozent der Buskunden. Auch Michael Beck vom Landratsamt berichtete von enormen und tiefgreifenden Veränderungen der ÖPNV-Branche. Er zitierte den DB-Regio-Bus-Chef Jörg Konrad unter anderem mit den Worten: "Unter einem enormen Veränderungsdruck wird die Mobilitätsbranche in nur wenigen Jahren ein komplett verändertes Bild abgeben."
Die DB AG und ihre Regionalbusgesellschaften stellen sich derzeit neu auf. Grundsatz des OVF sei es dabei, für defizitäre Linien keine Konzessionen mehr zu beantragen. Konkret geht es im Landkreis Kulmbach um die beiden Linien von Kulmbach nach Kronach sowie um die Linien von Kulmbach nach Helmbrechts, Bad Steben, Münchberg, und Bischofsgrün. Nach den Worten von Michael Beck sind dies rund 40 Prozent der ÖPNV-Linien im Landkreis, ihre Bedienung durch den OVF sei noch bis zum 30. November 2019 gesichert. Davon betroffen seien auch die Nachbarlandkreise Bayreuth, Hof und Kronach.
Normalerweise wäre bereits der 31. Mai 2017 der Stichtag, doch durch ein ganzes Bündel von Einzelmaßnahmen konnte die Frist um zweieinhalb Jahre, also bis 2019, verlängert werden. Zu den Maßnahmen gehören bereits jetzt die Streichung von Einzelfahrten, die Zusammenlegung von Parallelfahrten oder die Umwandlung in Bedarfsfahrten. Dadurch könnten die Linien betriebswirtschaftlich so optimiert werden, dass eine Reduzierung des Defizits bis 2019 möglich ist. Oberstes Ziel sei es freilich gewesen, bis 2019 Zeit zu gewinnen, um unter anderem die Unternehmen in die Lage zu versetzen, langfristig eigenwirtschaftlich zu fahren.
Bis dann will der Landkreis auch einen ausführlichen Nahverkehrsplan vorlegen, der eine genaue Schülerprognose, die Abschätzung des Berufsverkehrs sowie des Versorgungs- und Freizeitverkehrs beinhaltet. Der Landkreis werde dabei von einem Pilotprojekt des Umweltbundesamtes begleitet, dessen Ergebnisse Pilotcharakter für ganz Deutschland haben und die Mobilitätskonzepte im ländlichen Raum bis 2030 aufzeigen sollen.


Über neue Wege nachdenken

"Aus den zum Teil heftig geführten Gesprächen der letzten Wochen und Monate wird klar, dass der ÖPNV bei uns im ländlichen Raum in den nächsten Jahren erhebliche Mittel mehr braucht, um den jetzigen Stand der ÖPNV-Bedienung überhaupt aufrechtzuerhalten", sagte Michael Beck. Auch über neue Wege, wie die Bedienung mancher Strecken durch die kleineren Vario-Busse müsse nachgedacht werden. Freilich fahren auch die nicht umsonst, und so hatte Landrat Söllner bereits eine Initiative zur Aufstockung der ÖPNV-Mittel für die jeweiligen Auftraggeber in die Wege geleitet.
Dazu gehören die Forderungen nach einer Fortführung des Förderprogramms "Mobilität im ländlichen Raum" für stark vom demographischen Wandel betroffene ländliche Räume, die Anhebung der ÖPNV-Zuweisungen sowie die Fortführung des Gemeindeverkehrs-Finanzierungsgesetzes, das besonders auf den Schülerverkehr abzielt.