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Der Mond ließ sich nicht blicken


Autor: Markus Häggberg

Staffelberg, Freitag, 29. Juni 2018

Der Spaziergang des Urlauberseelsorgers Bautz zum Staffelberg regte trotzdem zum Nachdenken an.
Mondscheinspaziergang ohne Mond: Trotzdem gab es Möglichkeiten für erhellende Momente. Foto: Markus Häggberg


Ein meditativer Mondscheinspaziergang sollte es werden. Ein trügerischer Abend wurde es. Im besten Sinne.
Denn was Pfarrer Helmuth Bautz am Donnerstag zum Staffelberg hin anführte, kam ohne Mondschein aus und geschah doch in dessen Anwesenheit. Durchaus meditativ genug.
So stand man da um 21 Uhr am Parkplatz in Romansthal, in Gruppenstärke von 40 Personen darauf vertrauend, dass der Mond hält, was die Ökumenische Kur- und Urlauberseelsorge versprochen hatte.
Eine Frage gab der evangelische Pfarrer Bautz den Abendwanderern mit auf den Weg: "Was will ich 2018 leben?" Leben, nicht erleben, wohlgemerkt. Eine Frage, das sollte Bautz im Nachgang des Ereignisses lächelnd zugeben, zu der er auch durch das WM-Aus der Nationalmannschaft angeregt wurde. Was also tun, mit einer halb angebrochenen WM bzw. einem halb angebrochenen Leben oder eben einem halb verabschiedeten 2018. Jahresmitte - Zeit für Aussichten.


Der Sommer hatte Pause

Dabei aber hob der Theologe hervor, gehe es auch um Profil. Ein häufig genannter Begriff an jenem Abend, an dem ein angenehmer Wind unter einem bedeckten Himmel durch die Gräser fuhr. Der Sommer hatte Pause, aber er roch sehr gut. Ein Abend wie Seide und wie geschaffen für Betrachtungen und innere Einkehr, vom "lieben Gott kredenzt". Jener Gott, das hob Bautz während vereinzelt gemeinsam gesungener Lieder, habe jedem Menschen ein Profil gegeben. Passend dazu hob Bautz einen Psalm hervor, der die Dimension des Wertes erklärte, den ein Mensch in den Augen Gottes habe. Die Rede war davon, dass man "beim Namen gerufen" würde und ein Name gebe der Kreatur Gestalt und Würde. Das zu bedenken, war auch so etwas wie Hausaufgabe für die Wegstrecke hinauf zum Berg oder um sein Plateau herum.
Ein besonders schöner Moment aber war dem zeitlich vorgelagert, als die Gruppe über Kloster Banz eine Öffnung in der Wolkendecke sah, die anzeigte, wie es in Wirklichkeit um die Lichtverhältnisse stünde, wenn die Wolken nicht wären. Dem ein oder anderen mochte bei diesem Anblick in den Sinn kommen, dass dies einer Anspielung auf eine Textzeile aus Matthias Claudius' "Der Mond ist aufgegangen" gleichkommt.
Denn es ist hell, auch wenn man es nicht sieht, so wie es auch bei Claudius anlässlich eines Halbmondes heißt "Siehst du den Mond dort stehen, er ist nur halb zu sehen, und ist doch rund und schön." Am Ende wartete bei Kerzenschein unter Linden in der Dunkelheit vor der Adelgundiskapelle das gemeinsame Singen von zwei Strophen eben jenes Abendlieds. So geht Meditation.
Dass der Mond sich an diesem Abend an kein Versprechen hielt, sah man ihm nach.