Der "Mainstrom" versiegt
Autor: Andreas Welz
Lichtenfels, Sonntag, 12. August 2018
Dem Wasserkraftwerk Kirschbaummühle geht wegen der anhaltenden Trockenheit das Wasser aus. Die Turbinen können nur wenig Strom erzeugen, damit beispielsweise der Pegel im Flussbad nicht zu niedrig wird.
Langsam geht der Zeiger der Stromanzeige gegen Null. Die Leistung der Turbine im Wasserkraftwerk Kirschbaummühle in Lichtenfels nimmt immer mehr ab. Sie hat "Schluckbeschwerden", denn es fließt nicht mehr genügend Wasser durch die Schaufeln der Kaplanturbine. Der "Mainstrom" versiegt. Ein bisschen E-Power liefert nur noch die Anlage am Wehr in Oberwallenstadt. Die größte Anlage der SÜC in Hausen ist wegen Bauarbeiten außer Betrieb.
Kraftwerker Stefan Schneidawind von der SÜC ist besorgt: "Die Wassermenge liegt deutlich unter dem mittleren Niedrigwasser", sagte er unserer Zeitung. Die Reserven aus den Niederschlägen im Winter und Frühjahr seien aufgebraucht. Ein Jahrhundert-Niedrigwasser stehe bevor, so der Diplom-Ingenieur, der für Fernwärme, Kraftwerke, Arbeitssicherheit und Umweltschutz verantwortlich ist. In der Kirschbaummühle stünden zurzeit nur 60 Prozent der gesamten Wassermenge zur Verfügung, 40 Prozent würden über den Fischpass geleitet, damit Wasserlebewesen bis zur Einmündung des Mühlbachs in den Main nicht getötet werden.
Nur noch 30 Kilowatt leistet eine der beiden Turbinen, die zusammen bis zu 280 Kilowatt in das Stromnetz einspeisen können. In den Jahren 2011 und 2013 wurden die Generatoren und Getriebe erneuert, die, heute geräuscharm, nicht mehr die Anwohner belästigen. Rund 14 Kubikmeter Wasser in der Sekunde treiben die Turbinenschaufeln normalerweise an. Derzeit fließen nur etwa zwei Kubikmeter pro Sekunde durch die verstellbaren Leitschaufeln. Ansonsten würde der Stauspiegel im Oberwasser sinken. Am städtischen Flussbad würde dann nur noch ein Rinnsal vorbeifließen.
Die meiste Stromerzeugung im Wasserkraftwerk Hausen erfolgt beim sogenannten Mittleren Abfluss von 31 Kubikmeter pro Sekunde. Zusammen mit dem Ausleitungskraftwerk Kirschbaummühle am Schützenanger und dem Oberwallenstadter Kraftwerk erzeugen die Wasserkraftwerke in Lichtenfels jährlich bis zu acht Millionen Kilowattstunden Strom. "Damit können im Durchschnitt 2300 Haushalte versorgt werden", rechnete Stefan Schneidawind zusammen. Gestört werde der Wasserfluss allenfalls durch Hochwasser. "Da ufert der Main aus und wird zum großen See ohne nennenswertem Gefälle. Das macht aber jährlich nur rund 200 Stunden aus", erklärt der Diplom-Ingenieur.