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Der geklonte Facebook-Freund


Autor: Sarah Seewald

Höchstadt a. d. Aisch, Freitag, 31. Juli 2015

Betrug  Freundschaftsanfragen im sozialen Netzwerk sollten nicht unüberlegt angenommen werden. Mit kopierten Profilen täuschen Betrüger eine falsche Identität vor. Auch Nutzer aus dem Raum Höchstadt sollten damit schon abgezockt werden.
"Schick mir doch mal deine Handynummer." Bei solchen Anfragen ist Vorsicht geboten.  Foto: Andreas Lösch


von unserem Redaktionsmitglied Sarah Dann

Höchstadt — Vera H. aus Höchstadt schickt einer Bekannten ihre Handynummer. Warum auch nicht, denkt sie sich. Was sie nicht ahnt, die Nachricht landet nicht im Postfach der Freundin. Diese weiß nicht einmal etwas von der Anfrage. Stattdessen kommuniziert Vera H. mit einem Betrüger, der sich an öffentlichen Freundeslisten in Facebook bedient. Kurze Zeit nach ihrer Antwort bekommt sie eine Kurznachricht mit einem Code vom Online-Bezahldienst Paypal auf ihr Handy. Es hieß, Vera H. hätte noch einen Betrag von 29,95 Euro offen. Diesen Code "wollte der Betrüger dann haben", erinnert sich Vera H.
Fast hätte sie ihm diesen gegeben. Aber ihr Freund hielt sie auf. Sonst "hätte ich wahrscheinlich eine total hohe Handy rechnung", mutmaßt Vera H., die die Betrugsmasche mittlerweile - gerade noch rechtzeitig - durchschaut hat. So oder so ähnlich erging es auch Elisa S., Patricia B., Sophia D. aus dem Landkreis.
Marcel L. schreibt auf Facebook Fränkischer Tag Herzogenaurach, Höchstadt und Erlangen, dass er seine Freunde grundsätzlich sicherheitshalber immer zuerst kontaktiert, bevor er Freundschaftsanfragen annimmt. Sicherlich eine Möglichkeit, sich vor den Betrügern zu schützen.


Die Polizei gibt Tipps

Die Betrugsmasche trifft Facebook-Nutzer, die ihre Freundesliste für alle öffentlich einsehbar eingestellt haben. Wenn die Freundesliste auf "nicht öffentlich" umgestellt ist, wird das Profil für die Täter uninteressant, weil sie nicht mehr sehen können, mit wem die Person befreundet ist und somit auch keine Opfer auswählen können.
Wird ein Profil dennoch von einem Fremden kopiert, so ist das ein klarer Fall für die Polizei. "Anzeigen kann man bei jeder Diensstelle aufgeben", sagt Gerhard Backert von der Polizeiinspektion Höchstadt. Wer ein Facebook-Profil kopiert, also bewusst fälscht, betreibt Identitätsdiebstahl. So wird das Kriminalitätsphänomen bei der Kripo genannt. Ist die auch als Zong-Abzocke bekannte Masche erfolgreich, kann die Polizei wegen genanntem Identitätsdiebstahl, Betrug und Fälschung beweiserheblicher Daten ermitteln. Andreas Staudt von der Kripo weiß: "Das ist das Online-Pendant zur Urkundenfälschung."


Aufmerksam sein

Statt auf dem Papier, sind in diesem Fall die Unterschiede online kaum erkennbar. Titel- und Profilbild werden kopiert, der Name um Details verändert. Auch von Jessica G. wurde ein Fake-Profil erstellt: "Gleicher Vorname, gleicher Name. Außer, dass im Nachname ein Buchstabe doppelt war", sagt sie. In anderen Betrugsprofilen wurde zum Beispiel ein i-Punkt weggelassen. Unbeeindruckt und unüberlegt werden die Anfragen, die der Täter vom Fake-Profil aus an alle Freunde aus der Liste schickt, dann meist angenommen.
Wenn die gefälschte Freundschaftsanfrage "nur" angenommen wird, kann dem Nutzer nichts passieren. Da gibt auch Andreas Staudt vom Betrugsdezernat Erlangen Arbeitsbereich Cybercrime Entwarnung. Erst wenn sich die "Betrugskette", von der der Experte spricht, weiter zu spitzt, kann es teuer werden. Als nächstes nimmt der Täter nämlich mit den "neuen, alten Freunden" Kontakt auf. Er erkundigt sich im ersten Schritt via Chatnachricht nach der Handynummer. Wenig später bekommt das Opfer einen Bezahlcode, oft auch als Tan-Nummer bezeichnet, über den Internet-Bezahldienst Zong, der zur Plattform PayPal gehört.
Übermitteln die Geschädigten, wie Vera H. aus Höchstadt es fast getan hätte, die Bezahlcodes dem Täter, werden die Beträge über die Mobilfunkrechnung eingezogen und kommen über den Mehrwertdienst am Ende bei dem Täter an.
Zu fassen sind diese nur selten, da sie entweder, wie die Kripo weiß, aus dem außereuropäischen Ausland handeln oder beziehungsweise und sich über einen Proxy-Server eine falsche IP-Adresse zulegen, die die deutschen Behörden wieder im Ausland nur schwer zurückverfolgen können. Außerdem, sagt Staudt aus Erfahrung, unterliegt das Unternehmen Facebook nicht der deutschen Gerichtsbarkeit, sodass es teilweise für die Ermittler schon schwierig sei, überhaupt die Bestandsdaten - wer hat sich wann, wo registriert? - zu erfragen.
Verfolgt wird aber jede Straftat, die bei der Polizei angezeigt wird. Trotz der "Fallstricke" und eher seltenen Ermittlungserfolge gehen die Mitarbeiter aus dem Arbeitsbereich Cybercrime jedem Hinweis nach. Ein Massenphänomen ist der Internet-Betrug in Erlangen-Höchstadt laut Staudt und Backert nicht. Damit das so bleibt, sollten nicht nur bereits Geschädigte reagieren, und die Privatsphäre-Einstellungen, die das Soziale Netzwerk bietet, auch ausnutzen.