Sigismund von Dobschütz In Großbritannien ist Autor Alan Titchmarsh (68) ein bekannter Mann, nicht so in Deutschland. Den ausgewiesenen Garten-Experten kenn...
Sigismund von Dobschütz
In Großbritannien ist Autor Alan Titchmarsh (68) ein bekannter Mann, nicht so in Deutschland. Den ausgewiesenen Garten-Experten kennt man auf der Insel seit 35 Jahren aus Hörfunk und Fernsehen, wo er sich spätestens seit knapp 20 Jahren durch mehrere Staffeln seiner eigenen Garten-Shows und durch viele Fachbücher einen Namen gemacht hat. Weniger bekannt in England und völlig unbekannt in Deutschland ist Alan Titchmarsh allerdings als Schriftsteller fiktiver Romane, obwohl er schon 2001 seinen ersten veröffentlicht hat.
Im Oktober erschien nun die deutsche Fassung seines achten Romans "Mr. Gandys große Reise" im Verlag HarperCollins. Es ist die charmant erzählte Geschichte des 55-jährigen Frührentners und gerade verwitweten Engländers Timothy Gandy, der nach über 30 Ehejahren einen persönlichen Neustart versucht und nach dem Vorbild des von ihm verehrten Schriftstellers Joseph Addison (1672-1719) und dessen Aufzeichnungen von 1700 auf eine Grand Tour durch Europa startet. Wofür Addison vier Jahre brauchte, will Gandy in nur wenigen Wochen schaffen und dabei versuchen, sich von seinem früheren Leben und seinen erwachsenen Kindern zu lösen. Ob es gelingen wird?
In Paris lernt er die faszinierende, 15 Jahre jüngere Francine kennen und verliebt sich prompt in sie. Auch in Monaco und Italien macht er schnell Bekanntschaften - ausgerechnet Timothy, der zeitlebens zurückhaltend und verschlossen war. Er beginnt ein neues, ein eigenständiges Leben, was er während vieler Ehejahre anfangs aus Liebe, später aus Rücksicht auf seine beherrschende Ehefrau und den Werdegang der drei Kinder nie geschafft, aber auch nie wirklich gewollt hat. Hielt er sich früher mit seiner Meinung zurück, tauscht er sich nun mit seinen neuen Freunden aus und wird sogar bei einem jungen Liebespaar zum väterlichen Berater - eine Rolle, die es ihm den eigenen Kindern gegenüber nie wirklich auszufüllen gelang. Timothy wird auf seiner Reise fast jugendhaft übermütig und entdeckt mit der Malerei längst vergessene Talente wieder. Autor Alan Titchmarsh, selbst schon fast 70 Jahre alt, hat, aus seiner Lebenserfahrung schöpfend, aber ohne übermäßig tiefsinning zu werden, einen sehr lebensklugen und besinnlichen Roman geschrieben, der sich aufgrund des lockeren Stils gut lesen lässt.
Gleichzeitig ein Reiseführer
"Mr. Gandys große Reise" ist ein freundlicher Appell an alle Senioren, das für sie Beste, das für sie Sinnvollste aus den ihnen noch verbleibenden Jahren zu machen. Sich soweit möglich Wünsche zu erfüllen. Es ist aber auch ein Appell an erwachsene Kinder, die Senioren ihr eigenes Leben leben zu lassen. Nebenbei ist der Roman ein Reiseführer durch Paris, die Cote d'Azur, Monte Carlo und Florenz.