Druckartikel: Der Engel kommt zuletzt

Der Engel kommt zuletzt


Autor: Rainer Lutz

Neustadt bei Coburg, Dienstag, 12. Juli 2016

Seit 2013 betet in der Fechheimer Michaelskirche niemand mehr. Jetzt nimmt die Restaurierung wieder Fahrt auf. Dabei kommt die Sakristei zuerst und die Decke zuletzt an die Reihe.
Die Gerüste werden noch lange das Bild in der Fechheimer Kirche bestimmen. Foto: Rainer Lutz


"Anno im Jar da man zält 1576 dise Kirc durch mich Petre Zoberer Maler zu Neustad an der Heid Pürger daselbst gemalet ward..." Seit Petre Zoberer sich mit dieser Inschrift in der Michaelskirche zu Fechheim verewigt hat, ist oft an dem Gotteshaus gearbeitet worden. Nicht immer wurde es heutigen Restauratoren dabei leicht gemacht, die gerade dabei sind, der Kirche wieder ein wenig vom einstigen Glanz zurück zu geben.
Seit im Sommer 2013 ein Teil des Deckenstucks aus dem Bildnis des Erzengels Michael, nach dem die Kirche benannt ist, zu Boden stürzte, fand kein Gottesdienst mehr in ihr statt. Gerüste und Planen bestimmen das Bild. Die Gläubigen müssen draußen bleiben. Das wird auch noch eine Weile dauern, obwohl Architekt Thomas Peetz durchaus gute Nachrichten hat. "Es scheint so zu sein, dass Geld da ist bei der Landeskirche", sagt er auf Anfrage vorsichtig. Ehe er falsche Hoffnungen weckt, fügt er hinzu: "Wir können nicht gleich alles machen."


Erst alles, was erschüttert

Die Decke, die durch den Absturz des Erzengels den Anstoß für die neuerliche Sanierung gegeben hat, wird zuletzt wieder hergestellt. Denn: "Zuerst müssen alle Erschütterungsarbeiten gemacht sein", stellt der Architekt klar. Arbeiten, die das Gotteshaus beben lassen, gibt es einige. Da wäre das Dach. Es soll erneuert werden. Aber: "In einem Sommer wie diesem, der keiner ist, trau ich mich einfach nicht, das Dach aufzureißen", sagt Peetz. Eindringendes Wasser könnte der Todesstoß sein für die Decke, die offenbar generell wenig Halt hat.
"Wir fangen mit der Sakristei an", lautet daher die Entscheidung des Architekten. Dort müssen die Fundamente unterfangen werden. Und die Decke? Die Decke mit den Gemälden, auf die offenbar die Fechheimer Gemeindeglieder so stolz sind? "Definitiv haben wir vor, die Decke im nächsten Jahr zu sanieren", versichert Thomas Peetz. Versprechen kann er es nicht. Da bleibt immer die Abhängigkeit vom Wetter, die schon jetzt die Dachsanierung bremst.
Die Decke ist wohl nicht erst in unserer Zeit ein Sorgenkind geworden. Ursula Drewello, die 2014 das Material der Decke chemisch untersuchte, stellte fest, dass bei einer Überarbeitung der Fresken im 18. Jahrhundert wohl Gummiharze in die Farbe gemengt worden sind. "Das ist sehr ungewöhnlich für diese Zeit", kommentierte sie die Mischung. Vor ihrer Untersuchung hatte bereits Kirchenrestaurator Rainer Fick versucht, dem Deckenstuck Halt zu geben. Auch er konnte nur den Kopf schütteln und erklären: "Ich bin am Ende meiner Möglichkeiten angekommen."


Decke als Dauerproblem

Inzwischen fanden weitere Untersuchungen statt, die Thomas Peetz zu dem Urteil kommen lassen: "Die Decke war wohl schon immer ein Problemkind." Es wurde wohl auch in den 50er Jahren des vergangenen Jahrhunderts in der Michaelskirche renoviert. Aber "vielleicht etwas salopper, als man das heute machen würde", wie es Peetz formuliert. Dass die Decke nicht oben bleiben will, liege an falschem Putz, der verwendet wurde, und daran, dass zu wenig Putzträger zum Einsatz kamen.
Wenn auch gerade nicht in der Kirche gebaut wird - "in der Planung ist es stets voran gegangen", stellt der Architekt fest. Gründliche Untersuchungen, immer wieder Abstimmungen mit der Landesanstalt für Denkmalpflege und der evangelischen Landeskirche als Geldgeber - es gab reichlich zu tun. Ein Prozess, in dem Peetz die Zusammenarbeit mit dem Kirchenvorstand hervorhebt, die stets sehr konstruktiv gewesen sei.


Wetter bleibt wichtiger Faktor

Inzwischen ist ein neuer Restaurator gefunden, weil der erste sein Geschäft aufgegeben hat. Die Ausschreibungen für die ersten Arbeiten stehen kurz bevor. Das größte Risiko für weitere Verzögerungen sieht Peetz jetzt tatsächlich vor allem beim Wetter. "Da sind wir abhängig wie kaum ein anderer Beruf, wenn man von Landwirten absieht", sagt der Architekt.


Ohne die Originalteile

Wenn am Ende aller anderen Arbeiten auch die Decke an die Reihe kommt, dann nicht wieder mit den Originalteilen, die damals heruntergefallen sind. Da macht Peetz keine Hoffnung, auch wenn nach dem Absturz alles fein säuberlich aufgehoben wurde.
"Am Boden wäre es vielleicht noch möglich, solche Mosaikkrümel wieder zusammenzusetzen, aber über Kopf an der Decke - das geht nicht", steht für ihn fest. Ziel ist daher, die fehlenden Stücke im Stuck zu ersetzen und die Fresken dann durch einen Kirchenmaler wieder übermalen zu lassen. Auf jeden Fall soll am Ende der Erzengel Michael wieder wie gewohnt auf die Fechheimer Gemeinde herunterschauen.