Der Brand aus dem eigenen Obst
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Bad Staffelstein, Dienstag, 15. Sept. 2020
Seit Ende des 19. Jahrhunderts gibt es in Unterzettlitz eine Schnapsbrennerei. Dort stellt Florian Leicht auch heute noch Hochprozentiges aus dem Obst seiner Kunden her. Im Gespräch erklärt der Fachmann, worauf es dabei ankommt.
Der obere Teil des kupfernen Brennkessels erinnert an den alten Helm eines Tiefseetauchers. Auf dem Edelstahl des Kühlers daneben schimmert das Licht, das durch die Fenster in den Raum strömt. Messgeräte, Hebel, Rädchen und Verbindungsrohre sind zu sehen. Aus einem Hahn läuft eine durchsichtige Flüssigkeit in einen Eimer – Alkoholgeruch steigt in die Nase.
Für Florian Leicht bricht in seiner Schnapsbrennerei nun die "heiße Phase" an. Als sogenannter Lohnbrenner stellt er für viele seiner Kunden in Unterzettlitz Branntwein aus deren eigenem Obst her – dieser Tage ist für die meisten Früchte Erntezeit. "Jeder mit einem eigenen Grundstück darf das Obst, das darauf wächst, zu Schnaps brennen lassen. Zugekaufte Früchte sind nicht erlaubt", erklärt der 39-Jährige die rechtliche Grundlage des Schnapsbrennens. Das sei aktuell wieder stark im Kommen. "Da hast du dann deinen eigenen Schnaps – da weißt du genau, was drin ist", sagt Leicht. Zumal die Kunden beim Brennen stets dabei sein dürfen.
Seine Brennerei hat eine lange Tradition: Sein Ururgroßvater habe die Idee, Schnaps zu brennen, aus Frankreich mitgebracht, nachdem er als Veteran aus dem Deutsch-Französischen Krieg zurückgekommen sei, erklärt der Schnapsbrenner den Ursprung des Unternehmens.
Wie entsteht Schnaps?
Nach der Ernte häckseln die Kunden ihre Früchte klein, geben Reinzuchthefe hinzu und stellen so die Maische her. Nachdem diese vier bis sechs Wochen gären konnte, landet sie im Brennkessel von Florian Leicht. Dort vermischt sie das Rührwerk, während ein Brenner Wärme zuführt. Ab 78 Grad verdunstet der natürliche Alkohol dann und gelangt als Dampf in die sogenannte Verstärkereinheit. Die reinigt und verstärkt ihn, ehe der Dampf in den Kühler zieht. Nach der anschließenden Kondensation laufen drei verschiedene Flüssigkeiten in die Auffangbehälter: Der Vorlauf besteht aus giftigen Stoffen wie Methylalkohol, kommt zuerst und wird abgetrennt. Anschließend läuft genießbarer Schnaps in einen Sammelbehälter – "das ist der Mittellauf", erklärt Leicht. Den mit Fuselstoffen durchsetzten Nachlauf trennt er wiederum ab.
Zum Schluss spindelt der Brenner den Schnaps, misst also den Alkoholgehalt. Mit dem digitalen Alkoholwertmesser geht das bis auf 0,1 Prozent genau und ist sehr unkompliziert. "Im Normalfall haben die Schnäpse um die 40 Prozent Alkohol – das ist ein angenehmes Verhältnis", sagt Leicht. Für so manchen Kunden brennt der Fachmann aber auch Schnaps mit bis zu 48 Prozent. Die Schnapsmenge sei indes von der Maische abhängig, erklärt der Experte. Aus 100 Litern Apfel- oder Birnenmaische ließen sich etwa zwölf Liter Schnaps gewinnen. Bei Vogelbeeren hingegen sei die Ausbeute wesentlich kleiner und der Aufwand größer. Deshalb auch die höheren Preise für das Getränk.
Früchte sollten überreif sein
Der Fruchtauswahl zur Schnapsherstellung sind kaum Grenzen gesetzt. So ist von der Mirabelle über die Erdbeere bis hin zur Zwetschge oder Pflaume fast alles möglich. Die Früchte sollten allerdings überreif sein – Fallobst sei ideal, weil dann genügend Fruchtzucker vorhanden sei, beschreibt der Fachmann die ideale Ausgangssituation.
Vor der Beigabe von Zucker in die Maische warnt er indes: "Das kann teuer werden – denn es ist ebenso verboten wie das Schwarzbrennen. Für meine Kunden darf ich auch keinen Schnaps aus mehligen Stoffen brennen. Das geht nur für meine eigene Herstellung." Hierfür kann er beispielsweise auch Getreide verwenden – und noch viel mehr. "Wir experimentieren gerne", sagt er verschmitzt. So verkauft der Direktvermarkter neben klassischen Sorten wie Quittenbrand und Brombeergeist auch Ausgefalleneres, etwa Knoblauch- oder Holunderblütengeist.
Was ist ein Geist?
Im Unterschied zu einem Brand werde bei einem Geist neutraler Alkohol, sogenannter Primasprit, beigemengt. Darin werden unvergorene Früchte oder Gewürze und Kräuter eingelegt. Nach einer gewissen Ziehzeit gehe es dann ans Brennen, erzählt Leicht.
Aber auch Liköre stehen in seinem Laden: Pflaumen-, Brombeer-, Quitten- oder Apfel-Zimt-Likör zieren beispielsweise die Regale. Das Obst hierfür stammt größtenteils von den eigenen Streuobstwiesen. "Manche Früchte muss ich aber auch zukaufen", sagt Leicht lachend, während er einen Mango-Likör in der Hand hält. Kräuter-Liköre, wie Kräuterbitter oder "Zelser Magenfreund", stehen ebenfalls zum Verkauf.
Die geschmackliche Vielfalt lässt sich auch in einem Nebenraum der Brennerei erleben. Dort finden im Normalfall Schnapsproben für acht bis zwölf Personen statt – besonders der hauseigene Gin sei dabei sehr beliebt. In den vergangenen Monaten fielen die Probierrunden mit bis zu 14 verschiedenen Branntweinsorten jedoch der Corona-Pandemie zum Opfer.
Davon lässt sich der begeisterte Schnapsbrenner aus Unterzettlitz die Freude an seinem Beruf aber nicht nehmen: "Die Arbeit macht mir schon auch Spaß. Da gehört auf jeden Fall sehr viel Herzblut dazu."