Den Windrädern an den Kragen
Autor: Marco Meißner
Hain, Donnerstag, 21. Sept. 2017
Helmut Schiffner hat seinen Kampf gegen den Windpark Hain-Ost noch nicht aufgegeben. Er glaubt an einen Erfolg seiner Petition und schießt gegen die Obmänner der Landwirte.
Marco Meissner
Helmut Schiffner hat lange gekämpft, um die Windkraftanlagen auf dem Rainberg zu verhindern. Vergeblich. Die Windräder wirbeln längst. Doch Schiffner geht die Puste nicht aus. Seine vor Kurzem eingereichte Petition an den Landtag soll kein laues Lüftchen sein, sondern einen heftigen Orkan auslösen, der die Anlagen wieder vom Berg bläst.
"Es gibt Petitionen, die erfolgreich sind. Andernfalls bräuchte es ja diesen Ausschuss nicht", unterstreicht das Sprachrohr der Windpark-Kritiker, dass er sein Vorgehen keineswegs als ein verzweifeltes, letztes Aufbäumen sieht. Mut macht ihm, dass die beteiligten Institutionen zwischenzeitlich geäußert haben, dass die Unterlagen für den Windpark wohl doch nicht rechtzeitig komplett eingereicht worden sind.
"Auf nichts haben sich die Leute mehr verlassen, als dass alles mit rechten Dingen zugeht", betont Schiffner. Dieses Vertrauen sei missbraucht worden. "Selbst Windkraftbefürworter sagen mir: ,So geht's nicht!‘" Der Hainer sieht sich selbst übrigens als Unterstützer einer Energiewende, "aber nicht durch Windräder bei Wohngebieten".
Andere Planung?
Die Tatsache, dass die Windkraftanlagen inzwischen stehen - laut Schiffner in einer überdimensionierten Form, die so nie geplant gewesen sei -, ist der eine Dorn, der dem Kritiker im Auge steckt. Doch ganz offen spricht er noch zwei weitere Dinge an, die ihn auf die Palme bringen: die vermeintliche Einflussnahme eines Verbandes und die Position der Behörden. "Offensichtlich sind jetzt die richtigen Fragen gestellt worden", meint Schiffner mit Blick auf Landratsamt und Innenministerium. "Nicht, dass wir das nicht schon früher getan hätten, aber vielleicht haben die Petitionen (derzeit gibt es zwei; Anm. d. Red.) jetzt zu einer Auskunftspflicht geführt." Zuvor seien die Skeptiker des Projekts nur sehr spärlich mit Informationen versorgt worden.
Vor allem ärgert Schiffner, dass nach langem Hin und Her festgestellt worden sei, dass die Planungsunterlagen bis zum Stichtag für die 10-H-Regelung (zehnfache Räderhöhe als Abstand zur Wohnbebauung) nicht komplett gewesen seien. Nachdem dies eingeräumt worden sei, wolle das Ministerium nun aber keine Grundlage für einen so genannten Vertrauensschutz darin sehen. Vielmehr berufe es sich darauf, dass in diesem Fall nach geltendem Recht entschieden worden sei. Für Schiffner ein Unding. Schließlich hätten sich die Gegner auf ein Greifen der 10-H-Regelung verlassen, da die Unterlagen zum Stichtag nicht, wie nach Schiffners Ansicht notwendig, komplett gewesen seien.
Scharfe Vorwürfe
Im Landratsamt habe Klaus Löffler (CSU) das Thema geerbt, erinnert Schiffner daran, dass der jetzige Landrat die ursprünglichen Weichenstellungen nicht getroffen habe. Auch Löfflers Behörde behandelt er mit eher milden Worten. Er habe die zuständigen Leute im Landratsamt im Laufe des Verfahrens angesprochen; diese seien offenbar mit Schadenersatzforderungen in Millionenhöhe konfrontiert worden, falls der Windpark zu Fall gekommen wäre. "Da ist ein Angstszenario aufgebaut worden", stellt der Hainer fest. Dabei sei dies rechtlich nicht haltbar. Seiner Meinung nach darf ein Schadenersatz nämlich nicht mit spekulativen Gewinnen in ferner Zukunft verknüpft werden. Das Landratsamt weist auf unsere Nachfrage jedoch energisch zurück, unter Druck gesetzt worden zu sein.Eine treibende Kraft beim Aufbau eines solchen Szenarios - auch gegenüber der Bevölkerung vor Ort - sieht Schiffner im Bauernverband und dessen Spitze auf Kreisebene. Auf seiner Facebook-Seite "Wind gerne - aber mit Abstand" wird er sehr deutlich. Er fordert einen Abbau der Räder, sonst "müsste man ja befürchten, dass es künftig heißt: In Neapel regiert die Cosa Nostra - in Kronach der Bauernverband!" Und er fragt sich: "Was soll ich denn noch bei einer Wahl, wenn am Ende eh der Bauernverband ohne Diskussion bestimmt, was im Landkreis Kronach passiert?!"
Es gebe viele Gerüchte darüber, was hinter den Kulissen gelaufen sei. Die engen Maschen dieser Aussagen - inzwischen seien sie längst Dorfgespräch - lassen für Schiffner nur den Schluss zu, dass im Kern auch Wahrheiten stecken müssen. Da sei die Rede von einer sechsstelligen Zahlung an einen BBV-Funktionär für seine "Bemühungen", von Drohungen gegen Mitglieder und Grundstücksbesitzer, die von Vorverträgen Abstand nehmen wollten, und von Ortsausschüssen, die nach dem Gutdünken des Bauernverbands zusammengestellt wurden.
Ein Zugehen auf die Projektgegner habe es seitens des Verbandes "null" gegeben. "Man hat ganz massiv die Vorgabe umgangen, die Bevölkerung vor Ort mit einzubeziehen. Der BBV hat sich aufgeführt wie die Axt im Walde", so Schiffner. Gerade vor dem Hintergrund der Nationalpark-Diskussion, wo der BBV als Verfechter des Frankenwaldes aufgetreten ist, kann Schiffner die Unterstützung einer aus seiner Sicht Verwüstung eines großen Waldabschnittes aus kommerziellen Gründen nicht nachvollziehen. "Da war der Wald Wurst, 150 Jahre alte Eichen waren Wurst und die Gesundheit der Leute war Wurst!"