Den Neudorfern erscheint ein Engel
Autor: Ingrid Kohles
Weismain, Freitag, 20. Mai 2016
Während der Arbeiten im Kircheninneren ist den Handwerkern ein ganz besonderes Kunstwerk begegnet: eine Engelsfigur. Unter neuzeitlichen Farbschichten war die kindliche Gestalt verborgen. Die Putte umgibt in ihrer Bedeutung und im Ursprung noch immer ein Geheimnis.
Bei der Innensanierung der Neudorfer Kirche deutet sich nach einigen Überraschungen ein Ende an. Deshalb haben sich die Kirchenverwaltung und Architekt Georg Schilling entschlossen, einen weiteren Tag der offenen Baustellentür anzubieten.
Am Donnerstag, 26. Mai, haben Neugierige ab 14 Uhr die Gelegenheit, sich von den Baufortschritten zu überzeugen. Architekt Georg Schilling wird vor Ort sein, um Interessierten einen Einblick in die bisher ausgeführten Arbeiten zu geben.
Nach dem Reinigen der Kirchendecke war die Überraschung groß, als unter den Farbschichten die Konturen einer Engelsfigur zum Vorschein kamen, die vermutlich zur ursprünglichen Ausmalung der Kirche von vor 250 Jahren gehört. Bei den Recherchen der Kirchenmaler fanden diese eine fast identische Darstellung in Haltung, Art und Größe aus einer nicht genannten barocken Kirche in Tirol.
Auch eine Verbindung zu der Basilika von Mariazell - einem der wichtigsten Wallfahrtsorte in Österreich -, die das zentrale Marienbild der Decke im Langhaus zeigt, galt es zu verfolgen. Es stellt sich die Frage, wie es zu dieser Dublette kommen konnte. Ein Problem, das Kirchenpfleger Andreas Pfister noch länger beschäftigen wird. Er denkt sogar über eine Reise nach Österreich nach.
Im Kircheninneren wurden mittlerweile alle Wandflächen und die Decke gereinigt. Putzschäden und Risse mussten in einem wesentlich größeren Umfang überarbeitet, die Stuckdecke hinterfüllt und verfestigt werden, als geplant. Dies hat sich auch auf den Zeit- und Kostenplan auswirkt.
Heller, höher und luftiger
Altweiß und warmes Steingrau überdecken die Farbigkeit der 1970er Jahre. Dadurch wirkt der Kirchenraum heller, höher, luftiger.
Eine kunstgeschichtliche Besonderheit und Stolz der Neudorfer ist neben den barocken Altären das Deckengemälde im Kirchenschiff, das jetzt wieder als Mittelpunkt leuchtet. Ursprünglich fertigte Johann Gebhard 1737/38 die Decke mit einer Quadratur. Nach H. Mayer waren Chorgewölbe und Flachdecke des Langhauses mit dem Gnadenbild der Muttergottes über der Wallfahrtskirche von Gyüd bei Sziklas (Ungarn) bemalt. Das stark beschädigte Gemälde wurde 1935 übertüncht und das Deckengemälde im Kirchenschiff erst bei Restaurierungsarbeiten in den 1980er Jahren fragmentweise wieder freigelegt. Nun wurden völlig unerwartet im Medaillon der Südostecke die Umrisse einer Engelsfigur freigelegt, obwohl die damaligen Restauratoren angeblich nichts mehr gefunden hatten. Die Flächen der anderen Ornamente sind neuzeitlich überputzt, aus den vorgefundenen Farbresten sind frühere Darstellungen nicht mehr nachvollziehen. Der Wunsch der Neudorfer, die Evangelisten in den Eckornamenten darzustellen, wird dadurch bekräftigt.
Die Darstellung der Putte soll erhalten, gezeigt und erneuert werden - da sind sich alle einig. Der Engel, das Symbol des Matthäus, wird mit Engelsflügeln und einem Evangelienbuch ergänzt. Die weiteren Ornamente erhalten die Symbole der weiteren Evangelisten: ein Löwe für Markus, ein Adler für Johannes und ein Stier für Lukas. Architekt Schilling weist auf den Einbau einer Glasschiebetüre vor dem Haupteingang hin, durch die auch bei verschlossenen Eingangsportalen das Innere zu sehen ist. Die Montage der neuen Holzpodeste und der Wiederaufbau der Orgel erfolgen ab Ende Mai. Trotz Überraschungen sind die Neudorfer überzeugt, dass der Zeitplan eingehalten wird. Pünktlich zum 250. Kirchweihfest - vom 20. bis 22. August 2016 - wird die Kirche in neuem Glanz erstrahlen.