Den Gedenktag würdig gefeiert
Autor: Heike Schülein
Kronach, Sonntag, 14. Juni 2020
Gottesdienst auf abgezählten und reservierten Plätzen anstelle einer bunten Schweden-Prozession zur Festung: Begangen wurde das lebendige Glaubensbekenntnis trotzdem - mit einem Festgottesdienst in der Stadtpfarrkirche.
Kronach — Ein im wahrsten Sinne des Wortes "bewegendes" Stück Kronacher Stadtgeschichte ist die Schweden-Prozession am Sonntag nach Fronleichnam, bei der traditionell die Frauen voranschreiten. Auch gestern stand die Kreisstadt im Zeichen des in der Region einzigartigen Glaubenszeugnisses, wenngleich heuer - aus gegebenem Anlass - auf die Prozession verzichtet werden musste.
Gemeinsam mit Kronachs Bürgermeisterin Angela Hofmann lag der Pfarrei sehr daran, das Gelübde der Vorfahren auch heuer zu erfüllen. Deshalb hatten sich Stadtpfarrer Thomas Teuchgräber und die Bürgermeisterin darauf verständigt, stattdessen zu einer Messfeier im Freien auf der Bastion der Festung Rosenberg einzuladen. Leider spielte das Wetter nicht mit. So wurde der Fest-Gottesdienst vom Pfarrer zusammen mit Pastoralreferentin Sarah Maria Röck-Damschen in der Stadtpfarrkirche zelebriert.
Zurück geht die Friedens- und Dank-Prozession auf die Ereignisse im Jahr 1632, als in Kronach der Schwedenkrieg tobte. Aufgrund des Beschusses konnte damals in der belagerten Stadt die Fronleichnamsprozession nicht abgehalten werden. In ihrer Not gelobten die Bürger eine Prozession zur Festung Rosenberg, wenn sie die Angriffe der Feinde glücklich überständen. Dass dies gelang, war insbesondere den mutigen Kronacher Frauen zu verdanken. Sie schafften heißes Wasser und schwere Gegenstände herbei, mit denen man von oben die Angreifer "bombardierte".
Als Ehrung für ihre Tapferkeit gelobten die Männer, dass die Frauen bei der Prozession vor ihnen selbst und vor dem Allerheiligsten schreiten sollen. Dieses Gelübde wurde erstmals bei der ersten Schweden-Prozession 1634 eingelöst und seitdem - mit nur wenigen Unterbrechungen - Jahr für Jahr.
Den Anfang bildet eine Eucharistiefeier in der Stadtpfarrkirche. Danach begeben sich die Teilnehmer auf den vier Stationen umfassenden Prozessionsweg zur Festung und zurück. In Texten und Gebeten werden aktuelle Anliegen in den Fokus gestellt. Während der NS-Zeit wurde die Prozession ab 1941 von den Nationalsozialisten komplett verboten. Jetzt - rund 80 Jahre später - machte die Corona-Pandemie eine Prozession unmöglich.
"Wir wissen uns zu helfen - und das ist auch wichtig im Leben, dass man sich zu helfen weiß", bedauerte Pfarrer Thomas Teuchgräber, den Schweden-Sonntag nicht im gewohnten Rahmen feiern zu können. Nach Corona habe nunmehr auch noch das Wetter die ersatzweise auf der Festung angesetzte Messfeier ausfallen lassen. Der nach dem vielen Regen wolkenverhangene Himmel kann vielleicht sinnbildlich für die aktuelle Lage stehen; jedoch nicht für den Gottesdienst, der in seiner Festlichkeit, Würde und Achtsamkeit dem feierlichen Anlass mehr als gerecht wurde. Sehr freute sich der Stadtpfarrer, hierzu auch Vertreter des Kronacher Stadtrats mit der Bürgermeisterin an der Spitze sowie Repräsentanten von Feuerwehr und Polizei sowie weiterer dem Ordnungssystem von Stadt und Landkreis zugehöriger Institutionen begrüßen zu können.
Oft Bedrohungen erlebt
In seiner Predigt ging der Stadtpfarrer auf die Verwobenheit von Tragen und Getragenwerden ein. Wenn einem bewusst werde, selbst ein von Gott Getragener zu sein, dann könne man auch Lasten tragen - eigene sowie die anderer. "Das Volk Israel hatte im Laufe der Geschichte viele Lasten zu tragen", zeigte er sich sicher. Die Zähigkeit und das Durchhaltevermögen der Israeliten seien vielleicht mit zurückzuführen auf ihr Gottesbild eines uns tragenden Gottes. "Als Getragener tragen und ertragen zu können" sei eine einschneidende Erfahrung. Aktuell werde - wie auch in anderen Krisen - die Theologie häufig nach Antworten auf Corona gefragt; wie Gott das Leid völlig unschuldiger Geschöpfe zulassen könne. "Es gibt hier keine allzufriedenstellende Antwort", verdeutlichte Teuchgräber; ermunterte aber auch zugleich, besonders in Zeiten des Leids die Arme flehend und voller Hoffnung nach Gott auszustrecken.