Den Alltag Strafgefangener auf der Leinwand transparent gemacht
Autor: Gerda Völk
Klosterlangheim, Montag, 25. Mai 2015
von unserer Mitarbeiterin Gerda Völk Klosterlangheim — Markus Miller steht vor Gericht und erwartet sein Urteil. Dieses fällt der Richter nicht aufgrund der Beweislage, sondern die...
von unserer Mitarbeiterin Gerda Völk
Klosterlangheim — Markus Miller steht vor Gericht und erwartet sein Urteil. Dieses fällt der Richter nicht aufgrund der Beweislage, sondern die Würfel entscheiden über das Strafmaß. "Wenn der Richter würfelt" heißt ein Film, der von Insassen der Jugendvollzugsanstalt (JVA) in Ebrach gedreht wurde. Ein Film, der am Freitagabend im Konventbau in Klosterlangheim erstmals der Öffentlichkeit gezeigt wurde.
Zur Premiere sind der Gefängnisseelsorger Hans Lyer, Yasmin Keskin und sieben Insassen der JVA gekommen. "Mit dem Film möchten die jungen Leute eine Message nach außen bringen", erklärt Yasmin Kes kin, die das Filmprojekt ehrenamtlich begleitete. Drehbuch, Regie und Kameraführung lagen in den Händen der Jugendlichen. Der Film mit dem Untertitel "So ticke ich wirklich" will den Knastalltag aus der Sicht der jugendlichen Gefangenen zeigen.
Ihre Gefühle, Ängste, Hoffnungen und den mühsamen Weg zurück in die Gesellschaft.
Markus Miller, der in der Realität ganz anders heißt, wurde vom Richter zu sieben Jahren Gefängnis verurteilt. Dass er selbst einmal hinter Gittern landen würde, hätte Markus nie für möglich gehalten. "Die ersten drei Monate sind die schlimmsten", sagt ein Mitgefangener. So unvermittelt aus dem Alltag gerissen zu werden, ohne seine Familie und Kumpels ist für den jungen Mann nur schwer zu ertragen.
Vom Draußen und Drinnen
Draußen geht das Leben weiter, drinnen versucht sich Markus einzurichten. In einem Brief teilt ihm die Freundin mit, dass sie eine Auszeit braucht und deshalb vorerst nicht mehr schreiben will. Ob sie bis zu seiner Entlassung auf ihn warten wird, diese Frage bleibt unbeantwortet.
Bei einem Besuch des Bruders erfährt Markus, dass sie längst einen anderen hat. Im Gefängnis bleibt Markus ein Außenseiter, dem es nur schwer gelingt Anschluss zu finden. Draußen wäre er nie auf die Idee gekommen sich eine Zimmerpflanze zu kaufen, drinnen besitzt er eine.
Je mehr sich seine Zelle mit persönlichen Gegenständen füllt, desto wohler fühlt er sich. "Wenn ich schon nicht nach draußen kann, dann will ich mich drinnen wohl fühlen", sagt Markus. Im Knast lernt er auch mit seinen Schwächen umzugehen.
Der Film besticht durch seine Kameraführung, durch Ausschnitte aus dem Gefängnisalltag und durch seine eindringliche Erzählweise. Er zeigt aber auch, wenn auch nur Ansatzweise, dass Gewalt unter Gefangenen ein Thema ist. Auch hinter Gittern herrscht eine Rangordnung, bei der die Schwächeren sich den vermeintlich Stärkeren unterordnen müssen.
Vier Tage im Bunker lassen im Markus die Erkenntnis reifen, "dieser Ort macht keinen zum besseren Menschen". Etwas Abwechslung im fest organisierten Tagesablauf bieten Sportmöglichkeiten und der Hofgang. Manch ein Mitgefangener findet im Knast auch den Weg zu Gott.
Am Ende gibt es ein großes Lob von den Zuschauern. "Ich finde, ihr habt das toll gemacht", sagt die Lichtenfelser Zweite Bürgermeisterin Sabine Rießner (CSU), die als Jugendschöffin bereits die Jugendvollzugsanstalt in Ebrach besuchte. Der Film zeige junge Leute, die genauso intensiv leben, wie die Menschen draußen auch, sagt Zuschauer Otto Schneider.
Er sei erstaunt, wie positiv der Film aufgenommen wurde, erklärt einer der Darsteller. Er habe eher mit einer verhaltenen Reaktion der Zuschauer gerechnet. Ein bisschen stolz ist der 24-Jährige schon auf den Film, der mit einfachsten Mitteln gemacht wurde.
Alle Darsteller tragen Halbmasken, bei denen nur der Mund erkennbar ist. Der Grund: Der Film soll auch außerhalb der Gefängnismauern gezeigt werden. Wären alle Personen deutlich erkennbar gewesen, hätte er nur innerhalb der Gefängnismauern gezeigt werden dürfen. Also mussten die Darsteller zunächst die Frage klären, ob die Gesichter durch einen schwarzen Balken unkenntlich gemacht werden sollten, oder ob sie gepixelt werden. Schließlich kam jemand auf die Idee mit den Masken.
"Während der Arbeit am Film ist ein Gefühl für Dramatik entstanden und ein Gefühl des Zusammenhalts", berichtet Yasmin Keskin. Der Verein der Heimatfreunde Klosterlangheim hatte zu dieser Filmpremiere eingeladen.