Dealen im ganz großen Stil
Autor: Udo Güldner
Bamberg, Montag, 27. April 2020
Ein 29-jähriger Drogenhändler muss für sechs Jahre und acht Monate ins Gefängnis. Auch seine Eltern mussten sich vor dem Landgericht verantworten.
Insgesamt sind es sechs Jahre und acht Monate, die ein 29-jähriger Drogenhändler am Ende eines langwierigen Prozesses vor dem Landgericht Bamberg bekommt. Drogenhandel im ganz großen Stil wurde ihm vorgeworfen. Seine 61-jährige Mutter bleibt mit 18 Monaten zur Bewährung auf freiem Fuß. Das Verfahren gegen den 71-jährigen Vater, einen ehemaligen Psychotherapeuten, der seine Patienten mit Rauschmitteln versorgt haben soll, wird separat fortgeführt.
Kurz vor Ende der Beweisaufnahme hatte Staatsanwältin Ursula Redler noch einen Trumpf im Ärmel: eine Nachtragsanklage. Damit kamen noch einmal zusätzliche elf Kilogramm Marihuana ins Spiel, die ein Lieferant aus Spanien im Herbst 2018 in den Landkreis Offenbach transportiert hatte. Einen Teil davon, nämlich sieben Kilo, holte sich der Angeklagte.
Die Übergabe in diesem und anderen Fällen fand stets auf Parkplätzen von Schnellrestaurants oder in Hotelapartments statt. Es war nur eine von drei Quellen, aus denen die Rauschmittel Richtung Bamberg sprudelten. Die anderen waren Duisburg und Frankfurt am Main. Die nicht geringen Mengen, wie es im Juristendeutsch heißt, waren nötig, um die ganze Kundschaft zu versorgen.
Ein Großteil soll der diesmal noch nicht verurteilte Vater in seinen psychotherapeutischen Praxen in Bamberg und Sonneberg an Patienten verkauft haben. Angeblich aus medizinischen Gründen.
Die Mutter sahen der Vorsitzende Richter Markus Reznik und seine Kollegen als Gehilfin, die man leicht in die kriminellen Geschäfte habe hineinziehen können. "Sie war eine fügsame Frau." So wurden in ihrem Haus große Mengen Haschisch gelagert. Zudem betrieb sie eine hochmoderne Cannabis-Plantage im Keller, die selbst einem erfahrenen Fachmann der Rechtsmedizin der Universität Erlangen-Nürnberg Bewunderung abnötigte.
Ihr frühes Geständnis, das sie auf Anraten ihres Verteidigers Stefan Kohler aus Forchheim abgelegt hatte, und die fehlenden Vorstrafen wirkten sich mildernd aus. Von Bewährungsauflagen sah Richter Reznik ab, da die Rentnerin zu wenig Geld hat, um eine Geldauflage zu zahlen und zudem auf Grund der Pflege ihres anderen, autistischen Sohnes keine gemeinnützige Arbeit ableisten kann.
Wie mustergültig die Aufzucht der Cannabispflanzen im Keller war, erklärte Bernhard Schwarze, Toxikologe an der Universität Erlangen-Nürnberg. Er hatte die Aufgabe, den Ernteertrag zu berechnen, und hielt sich dabei an Untersuchungen des LKA Nordrhein-Westfalen, die über 1000 solche Anlagen beprobt hatten.