Das Retten ist ihre Passion
Autor: Petra Malbrich
Gräfenberg, Dienstag, 21. Juni 2016
Taucherin Bettina Sauvageot rettet nicht nur Menschen, sondern manchmal auch das Freibad in Gräfenberg.
Unvernunft und Selbstüberschätzung sind die häufigsten Gründe, wenn es beim Tauchsport zu Unfällen kommt. Rettungstaucher wie Bettina Sauvageot müssen dann schnell handeln können. Wie anspruchsvoll die Aufgabe ist, weiß auch die Wasserwacht, denn viele begnügen sich mit dem Rettungsschwimmer oder Wasserretter.
Die schlimmste Rettungsaktion erlebte Bettina Sauvageot im Roten Meer. Ein männlicher Taucher schoss wie eine Rakete nach oben, ein Lungenflügel klappte zusammen.
"Schnell muss gehandelt werden, die Griffe müssen sitzen", erklärt Bettina Sauvageot, der dieser Mann sein Leben verdankt. Damit der Stickstoff aus dem Blut entweichen kann, muss man Stück für Stück auftauchen.
Doch anscheinend ging es dem Mann vorher schon nicht gut, ein Aspirin hatte er auch eingenommen. Er war unter Wasser durch Beklemmungsgefühle in Panik geraten und tauchte zu schnell auf.
Medikamente eingenommen, zu wenig Fitness, fehlender Bodycheck und vor allem die Selbstüberschätzung sind die häufigsten Ursachen, dass ein Tauchgang, egal ob im Roten Meer oder im Pazifik, in einer Rettungsaktion endet. Im Roten Meer bei James & Mac hat auch Bettina Sauvageot vor 15 Jahren ihre Taucherausbildung gemacht. Dann absolvierte sie die Ausbildung für Fortgeschrittene in 40 Metern Tiefe, wo man nichts mehr sieht. Anschließend ließ sich Bettina Sauvageot dann zum Rescue Diver, zum Rettungstaucher, ausbilden.
Der nächste Schritt
Aber: "Es nützt nichts, wenn man jemanden hochholt und dann nicht weiß, was man tun muss", erklärt Sauvageot, warum sie sich anschließend in medizinischer Ersthilfe ausbilden ließ. "Man kann einen in Not geratenen Taucher nicht einfach unter den Schultern packen und herausziehen", sagt die 56-jährige Rettungstaucherin.
Je nach Tauchgang, ob es ein Landtauchgang war oder vom Boot ins offene Meer gesprungen wird, muss der Verletzte geborgen werden. Wie geht man mit der Sauerstoffflasche um, wie funktioniert die Wechselatmung, wenn das eigene Mundstück dem in Not geratenen Taucher ausgeliehen werden muss, wie stoppt man unter Wasser eine Blutung, sind einige der vielen Situationen, auf die ein Rettungstaucher aus dem Effeff reagieren können muss und die ein Rettungstaucher auch einordnen können muss.
Wenn Blut aus dem Mund fließt, ist die Lunge kollabiert, Blut aus den Ohren bedeutet einen Trommelfellriss. Wasser dringt ein, der Taucher hat keinen Gleichgewichtssinn mehr, ist also orientierungslos und weiß nicht, ob er kopfüber ist oder liegt.
"Durch Körpersprache versuchen wir den Verletzten zu beruhigen", sagt Sauvageot. Auch sie musste bereits gerettet werden. Das passiert schnell, oft unbemerkt. Dass eine Erkältung im Anmarsch war, wusste sie nicht. Kein Husten, kein Niesen - Bettina Sauvageot fühlte sich munter und gesund, als sie ins Meer sprang. Erst beim Auftauchen kamen die Probleme.
Ursache Unterdruck
Die Stirn- und Nasennebenhöhlen waren wohl schon entzündet, so dass beim Auftauchen Unterdruck entstand. Das Trommelfell platzte. Doch viele Rettungsaktionen würden vermeidbar sein. "Tauchen ist ein schöner Sport, wenn man auf sich aufpasst", findet die Frau aus Kappel. Fitness, Ausdauertraining, die Vorsorgeuntersuchungen ab 40, keine Medikamente, kein Bluthochdruck und keine Selbstüberschätzung sind das ABC des Tauchens. Und Unvernunft herrscht fast überall.
Auch bei Frauen. Viele kommen geschminkt zum Tauchgang. Damit ihre Schminke unter Wasser nicht verläuft, setzten sie die Tauchmaske zu fest aufs Gesicht.
Barotrauma des Auges nennt es die Fachsprache, wenn die Äderchen im Auge platzen. Bettina Sauvageot verzichtet natürlich auf Schminke und weist ihre Schüler auf die entstehenden Gefahren hin, wenn sie als Divemaster bei den Tauchausbildungen in 15 Meter Tiefe unterstützend mitwirkt.
Aushilfsweise
Aber sie darf mit ihren Ausbildungen auch Gruppen unter Wasser führen. Nur manchmal rettet sie keine Menschen, sondern das Gräfenberger Freibad. Als der Bademeister dort krank wurde, half sie als Beckenwacht aus und sie bot den Kurs Schnuppertauchen im Freibad an. Die fünf Euro Kursgebühr spendete sie fürs Freibad. Immerhin sieben Jugendliche absolvierten danach die Taucherausbildung. Nur bei der Ausbildung der Rettungstaucher sieht es eher schlecht aus. "Es gibt wenig Nachwuchs", erklärt Sauvageot.
Anspruchsvolle Aufgabe
Ähnlich sieht das Michael Reil von der Wasserwacht Bayern. Wasserretter ist jeder der Einsatzkräfte. Aber das ist nur die Vorstufe zum Rettungstaucher, der bei einer Vermisstensuche im Wasser, bei Bergung von Fahrzeugen oder auch bei Arbeiten an Schiffen immer dabei sein sollte.Es fehlt eigentlich nicht an interessierten Schwimmern. Die Ausbildung zum Rettungstaucher stelle sehr hohe Anforderungen, sei sehr anspruchsvoll und zeitintensiv, erklärt Sauvageot. Psychisch belastend sei die Aufgabe außerdem: Bei Sichtweiten von 30 Zentimetern in manchen hiesigen Gewässern könne sich der Taucher nur tastend vorwärts bewegen.