Druckartikel: Das Lächeln neben der Schule

Das Lächeln neben der Schule


Autor: Bernhard Panzer

Herzogenaurach, Mittwoch, 16. Januar 2019

Die ehemalige Knabenschule und die benachbarte Spezereihandlung in der Hauptstraße zieren in einer Aufnahme von 1910 das Januar-Motiv des Heimatvereins-Kalenders. Das Ensemble hat sich optisch kaum verändert.
Die Knabenschule in der Hauptstraße, daneben die Spezereihandlung von Heinrich Weiß, bekannt als "Land des Lächelns" (1910) Foto: Heimatverein


Bernhard Panzer Der Heimatverein erfreut sich, auch dank Helmut Fischer, dem engagierten Archivar und Sammler alter Fotos, vieler historischer Aufnahmen aus und um Herzogenaurach. Der Jahreskalender 2019 ist somit wieder mit solchen Erinnerungsbildern bestückt. Den Monat Januar ziert eine Schwarz-Weiß-Aufnahme, die schon mehr als ein Jahrhundert auf dem Buckel hat.

Das Foto stammt aus dem Jahr 1910 und zeigt einen Ausschnitt aus der Hauptstraße. Man sieht die ehemalige Knabenschule und davor die Spezereihandlung von Heinrich Weiss, die als Café mit dem Namen "Land des Lächelns" in der Stadt Berühmtheit erlangt hat. In den Gebäuden, die sich im Lauf der hundert Jahre nur unwesentlich verändert haben, sind heute Ärzte und das Buchcafé untergebracht.

Das Ärztehaus war einst Knabenschule. Diese existierte bis zum Jahr 1953 und wurde als Schulhaus am Markt bezeichnet, wie sich Heimatvereins-Vorsitzender Klaus-Peter Gäbelein erinnert. Diese dort untergebrachten Klassen der unteren Jahrgangsstufen waren seit Ausbruch des Zweiten Weltkriegs durch den Zuzug von Flüchtlingen und später von Heimatvertrieben hoffnungslos überbelegt, berichtet der Historiker Gäbelein.

Die oberen Klassen wurden im Gasthaus "Zur Wolfsschlucht" in der Erlanger Straße unterrichtet. Dessen Einweihung war am 13. Oktober 1890. Und für die Schülerinnen baute die Stadt in den Jahren 1859 und 1860 das Mädchenschulhaus am Kirchenplatz. Hier wurden die Mädchen ausschließlich von Ordensschwestern (Arme Schulschwestern bis 1909) mit Unterstützung der "Englischen Fräulein" (bis zu deren Berufsverbot 1937) ausgebildet.

Und das "Land des Lächelns"? Dieses Gebäude fällt noch heute durch seine außergewöhnliche Schaufenstergestaltung auf: Das Fenster ist durch Säulen aus Gusseisen eingerahmt, die um 1880 entstanden sind. In der Denkmalliste wird das Haus als Baudenkmal geführt. Das in eine mittelalterliche Häuserzeile eingebettete Haus in der Hauptstraße 16 ist eines der ältesten der Stadt und wird auf das Jahr 1488 datiert.

Über das Café Weiß ist viel geschrieben worden. Unter anderem hat sich auch Fritz Spieß in seinem Buch "Geschichte und Geschichten aus Herzogenaurach" der Historie des Gebäudes angenommen. Spieß berichtet, dass Heinrich Weiß am 1. Oktober 1893 im Haus Hauptstraße 16 eine Konditorei und Spezereihandlung mit Café angemeldet habe. Später in den 20-er Jahren war Weiß auch drei Jahre lang Bürgermeister von Herzogenaurach. Nach seinem Tod führte die Witwe Sabine mit ihren Kindern Katharina und Josef den Betrieb weiter und ließ ihn 1932 eintragen.

Der Buchautor erklärt auch den Begriff "Land des Lächelns". Denn "Katharina Weiß hatte immer ein Lächeln im Gesicht, weshalb die Kundschaft vom Land des Lächelns sprach." Das Geschäft bestand aus einem Laden mit Café und Backstube. Und es wurde auch gern Wein getrunken. So gab es sogar einen eigenen Stammtisch. Konditormeister Josef Weiß starb 1980. Mit ihm ging die Geschichte vom "Land des Lächelns" im Café Weiß zu Ende.

Klaus-Peter Gäbelein, der Vorsitzende des Heimatvereins, widmet im "Herzogenauracher Stadtschreiber" von 2001 dem Café Weiß und dem Stammtisch "Schmollwinkel" eine Episode. Er berichtet, dass Konditormeister Weiß einen wohl sortierten Weinkeller hatte und sich 1971 der Stammtisch gründete, benannt nach einem beliebten Wein der damaligen Zeit.