Das erste Mahl bleibt unvergessen
Autor: Eckehard Kiesewetter
Ebern, Donnerstag, 05. April 2018
Max Spitlbauer in Ebern ging vor 70 Jahren erstmals zur Kommunion, Bernhard Ruß aus Sand vor 55 Jahren. Beide erzählen.
Brigitte Krause und
Eckehard Kiesewetter
Kreis Haßberge — Geldgeschenke gab es nicht, auch keine Spielsachen oder Naschzeug. Drei Jahre nach dem Krieg hatten die Menschen anderes in Sinn. In Deutschland herrschten Armut, Mangelwirtschaft und Hunger. Kurz vor der Währungsreform 1948 hatten die Kinder Bescheidenheit gelernt. "Das war alles kein Vergleich mit heute", erinnert sich Max Spitlbauer an den Tag seiner Erstkommunion vor 70 Jahren in Ebern, "damals hat es doch gar nichts gegeben".
Rund 40 Kinder saßen damals zur Heiligen Messe im Chorraum der Pfarrkirche St. Laurentius mit klopfendem Herzen, geschniegeltem Haar und in feinster Kleidung. Die Mädchen als "Bräutla" auf der einen Seite, die Buben auf der anderen. Maxl, damals neun Jahre, trug einen neuen Anzug mit langer Hose und doppelter Knopfreihe auf der Brust, weißes Hemd und weißer Binder, dazu einen kleinen Anstecker am Revers.
Auf ihren jungen Herrn war die Familie stolz. "Die Kirche, das Christliche, war uns immer sehr wichtig", sagt Spitlbauer. Wochenlang hatte die Religionslehrerin, das "Fräulein Beck", die Kinder in der Schule auf den Festtag vorbereitet. Es war auch die erste Kommunion für Wilhelm Haller in Ebern. Der frühere Militärpfarrer, der später zum Geistlichen Rat aufstieg, war eine imposante Persönlichkeit. "Streng aber gerecht", sagt Max Spitlbauer.
Ein großes Ereignis
So fesch wie an der Kommunion mit dem vom Nachbarn Fritz Elflein maßgeschneiderten Anzug hatte der Bub wohl noch nie ausgesehen. Und den Stolz auf das große Ereignis kann man auf dem alten Foto auch im Blick erkennen, wie er da neben dem Tisch steht mit Gebetbuch und Rosenkranz in der Linken und der langen, aufwendig verzierten Kerze in der Rechten. Alle Geschenke hatten die Erwachsenen drapiert, Alpenveilchen und Körbchen mit anderen Blumen, ein weißes Hemd, Kerzenständer aus Porzellan, Karten, gerahmte Heiligenbilder, Bildchen und eine Urkunde. "Ich habe eine Menge Papier geschenkt bekommen", sagt Max Spitlbauer. Darunter zwei Bücher. Eines hat er heute noch. "Das Buch vom deutschen Wald" stammte, wie Max im Buchdeckel vermerkt hat, von Willi Kellersch. Der war damals Organist in der Kirche und hat später mit Max Spitlbauer, der ab der Kommunion Klavierunterricht bekam, und Anton Schlimmbach im Café Spitlbauer zur Unterhaltung gespielt. Das andere Buch erzählt die Sage des nordischen Helden Grettir". "Ich hab mich damals unheimlich gefreut", sagt der 79-Jährige. Vor allem genoss der Kommunikant das Festessen, Schweinebraten mit Wirsing und Klöß. Fast alle Menschen in der Stadt hielten damals Tiere - Schweine, Enten, Hühner oder Stallhasen. Und so wurde zum Festtag, wozu Onkel und Tante angereist waren, Braten serviert.
Das erste Mal Limonade
Dazu gab es Limonade, die der Opa eigens aus einer Apotheke in Coburg besorgt hatte. "Meine erste Limonade", erinnert sich Max, "so was haben wir vorher gar nicht gekannt." Die Feier fand daheim statt und zum Kaffee gab es Streuselkuchen vom Blech. Von Torte mit Sahne wagte man damals nur zu träumen. Am Montag nach der Kommunion fand eine Andacht in der Pfarrkirche statt und die Kommunionkinder hatten schulfrei. Ein toller Tag, denn der Bub durfte mit der Mutter nach Bamberg. Die Zugfahrt und der Besuch im Kaufhaus Hertie waren etwas Besonderes. Danach gab es im Gasthaus "Eckenbüttner" Leberkäs'. Bald feiert der 79-jährige Max seine Jubelkommunion: in Ebern am Sonntag, 22. April. Luise Spitlbauer, Frau des Max Spitlbauer, hatte ein 70 Jahre altes Foto aus Eltmann parat. Ihre Familie lebte dort und ihr Bruder feierte Kommunion.
Sander Frohnaturen
Das Feiern wird in Sand zelebriert. Bei Familie Ruß stand über Jahrzehnte der Weiße Sonntag im Zeichen der Kommunion. Denn immer hatte in der weitläufigen Familie irgendeiner Erst- oder Jubelkommunion. 2004 gar gab es bei den Ruß' gleich vier Kommunionen zu feiern. Die Wirtschaft Pecht war mit der Sippe voll belegt. Der Sander Bürgermeister Bernhard Ruß erinnert sich mit einem breiten Grinsen an seine Kommunion 1963. Er hätte gerne sein Lieblingsgericht gehabt, "Baggers mit Bohnen", aber Mama Betty Ruß bestand auf etwas Ordentlichem: Bratwürscht und Bräten. Damals noch "im alten Haus" (am Ortsende Richtung Limbach), plaudert Ruß, wurde die gute Stube ausgeräumt, um Platz zu schaffen. "Da waren dann alle drin."
Das Erinnerungsbild entstand hinterm Haus auf dem Acker: Stolz stehen sie da: Eltern, Großeltern, Geschwister. Vorne neben dem Kommunionkind Schwester Ulrike und Bruder Franz-Josef. (Zwei weitere Geschwister sind später geboren.) Das Foto schoss Onkel Berthold Friedl aus Wuppertal.
Zur goldenen Kommunion wärmte Bernhard Ruß mit seinem Kumpel Günter Wolf Erinnerungen auf. Die beiden liefen zusammen und saßen auch in der Bank nebeneinander. Was haben sie den Einmarsch in die Kirche geübt! An die "Marschiererei" erinnert sich Ruß bis heute gut - "ausgerechnet in den Ferien mussten wir da Vormittags in die Kirche zum Proben!"