Das ärgerliche Presseunwesen
Autor: Markus Häggberg
Lichtenfels, Donnerstag, 01. Oktober 2015
Markus Häggberg Von Zeit zu Zeit kommt es vor, dass man als Reporter Menschen direkt ansprechen und um eine Meinung bitten muss. In einer Straßenumfrage und...
Markus Häggberg
Von Zeit zu Zeit kommt es vor, dass man als Reporter Menschen direkt ansprechen und um eine Meinung bitten muss. In einer Straßenumfrage und zu oft ganz unverfänglichen Dingen. Das ist gefürchtet, nicht nur bei möglichen zu Befragenden, sondern auch bei den Reportern selbst. In unseren Breiten fängt man sich dann nämlich nicht selten Sätze wie "Nei die Zeidung...iiiich - naa, niäää. Brobiern Sies annerschwu, do drüüm velleicht" ein. Dabei winken die Menschen schon von Ferne ab, tun beschäftigt und geben einem mitunter das Gefühl, eine Filzlaus zu sein, die in persönlichen, geheimen Geheimsachen herumschnüffelt. Und manchmal gucken sie auch ganz schön herablassend.
Dabei ist es aber nicht etwa so, dass man Fragen zur Farbe der Unterwäsche oder zum Kontostand stellt.
Doch was man sich dennoch für Abfuhren zu so furchtbar brisanten Fragen wie "Wie stehen Sie zum Frühlingsanfang?" oder "Wünschen Sie sich Fußballübertragungen auf dem Marktplatz?" einhandelt, folgt einem gewissen Prinzip: einem undurchschaubaren. Allgemein scheint aber zu gelten: Wenn was über meinen Nachbarn in der Zeitung steht, dann lese ich es trotzdem. Steht etwas zu mir drin, weiß ich wirklich nicht, was ich davon halten soll - Sauerei! Aber meine Zeitung will ich natürlich auf jeden Fall. Die Quadratur des Kreises also, unmöglich zu bedienen. Vor Monaten aber kreiste eine Frau mit jenen zwei Meinungen zur selben Sache an nur einem Tag in meinem Dunstkreis. Am Vormittag noch stand ich in der Fußgängerzone der Korbstadt, mich fragend, was ich da eigentlich tue. Die Angelegenheit, zu der ich fünf Meinungen einzuholen hatte, lautete auf Wetter und Wintereinbruch.
Also nix, was etwa für KGB, CIA, Mossad, BND, ARD (Argentinischer Recherchendienst) oder die Schufa von Belang gewesen wäre. Aber sobald ich einem Passanten die Frage stellte, weiteten sich die Augen erst, um sich dann zu Schlitzen zu verengen. Und jemand meinte noch, ich sollte mich was schämen.
Die Frau, von der ich berichten möchte, bildete da keine Ausnahme. Doch zuvor eröffnete sich mir die Gelegenheit, sie anzusprechen und ihr eine Frage zu unterbreiten: Wie stehen Sie zu Urlaub daheim? Ihre Antwort kam spontan und ließ nichts an Entrüstung zu wünschen übrig: "Sie, des ist mir fei zu privat. Kummt des nei die Zeidung? Des ko ja dann a jeder lesen. Des geht kan was o." Dabei schaute sie, als ob sie nie, nie, nie mehr was mit mir zu tun haben wollte. Hatte sie aber doch! Am Abend nämlich stand sie in Gesellschaft im Foyer der Stadthalle.
Dort wurde ein Theaterstück aufgeführt und da jetzt Pause war, suchte sie den Plausch mit anderen Gästen. Dabei erfuhr sie mit einiger Entrüstung, dass ihr der Tod eines vor geraumer Zeit verstorbenen Lichtenfelsers wohl entgangen war. "Na, wieso was ich des niä? Der is gschturm? Also des ko doch niä sei, da hättn seina Loid aber wirklich was nei die Zeidung setzn müssen."