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Club der Arbeitssuchenden beschließt seine Auflösung


Autor: Rainer Glissnik

Rödental, Dienstag, 19. Juli 2016

Über viele Jahre hinweg war der Club der Arbeitssuchenden Weidhausen eine wichtige Anlaufstelle für viele Menschen aus den Landkreisen Lichtenfels, Kronach,...
Leonhard Fehn spricht über die Hintergründe der Auflösung.  Foto: R. Glissnik


Über viele Jahre hinweg war der Club der Arbeitssuchenden Weidhausen eine wichtige Anlaufstelle für viele Menschen aus den Landkreisen Lichtenfels, Kronach, Coburg und Sonneberg. Die Treffen - an denen auch der heutige Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm häufig teilnahm - waren für viele Menschen sehr wichtig. So manche Initiative ging von dort aus. Jetzt wurde die Auflösung der Initiative beschlossen.
Der Besuch der Dienstagsgespräche mit dem Ziel der Unterstützung zur Selbstfindung, Stärkung des Selbstwertgefühls, Förderung von Basiskompetenzen und Ressourcen wurde in den vergangenen zwei Jahren nicht mehr so angenommen, dass es sich rechtfertigen würde, den Aufwand für den Verein weiter zu betreiben, erläuterten Versammlungsleiter Leonhard Fehn und Vorsitzende Angelika Grosch.
Der Club der Arbeitssuchenden war ursprünglich ein zweimal jährlich im evangelischen Gemeindehaus in Weidhausen bei Coburg stattfindender Kurs, dessen Zweck es war, Arbeitssuchende aus ihrer Isolation zu holen und ihnen unter fachkundiger Anleitung das Erstellen von aussagekräftigen Bewerbungsunterlagen zu vermitteln.
Vor allem sollte den Menschen, die lange Zeit ohne Beschäftigung waren, wieder Mut gemacht werden. Um in der Öffentlichkeit besser auftreten und agieren zu können, wurde die Gründung eines gemeinnützigen Vereins beschlossen, und so fand am 22. September 2005 im Gemeindehaus in Weidhausen die Gründungsversammlung des Clubs der Arbeitssuchenden statt.
Er vereinte Arbeitssuchende aus den Kreisen Coburg, Kronach, Sonneberg und Lichtenfels. Treffpunkt war zuletzt meist das evangelische Gemeindezentrum St. Johannis Rödental. Dieses wird auch die Restsumme des Vereinsvermögens erhalten.


Arbeitslose gibt es noch immer

Die Idee zur Gründung des Vereins entstand während eines Frühjahrskurses auf Basis der Ausstellung "Straße der zerstörten Träume". Vorläufer des Vereins waren die Kurse mit Erwerbslosen, die bereits sechs Jahre früher begannen.
"Bereits vor der offiziellen Gründung des Vereins wurde Tim Weber von der BBC auf uns aufmerksam und führte Interviews mit den Kursteilnehmern durch", erinnerte Leonhard Fehn. In Erinnerung bleiben wird das nordbayerische Vernetzungstreffen mit 60 bis 70 Personen. "Die Aufnahmen des SWR und des MDR mit unserer Beteiligung sind auch nicht zu vergessen", sagt Fehn in Erinnerung an die Ausstrahlung der Sendung am 25. September 2006.
Ein Höhepunkt war der Besuch im Landeskirchenamt bei Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm 2012. Für alle sei es kein leichter Beschluss gewesen, den Verein nun aufzulösen. Letztlich fiel die Entscheidung aber einstimmig, weil die Nachfrage erheblich zurückgegangen war.
"Natürlich wurde der Club nicht aufgelöst, weil es keine Arbeitslosen mehr gibt in der Region", sagt Fehn. Die Hintergründe sieht er viel mehr darin, dass die Menschen aufgegeben hätten, noch einmal Arbeit zu finden. "Wir leben heute in einer gesellschaftlichen Situation, in der der Markt alle anderen Prozesse steuert und in der auch und gerade die Politik davon ausgeht, dass alleine der Markt das Funktionieren der Gesellschaft und das Wohlergehen der Menschen sichert", erklärt er.
Als Folge dieser Veränderungsprozesse vollzieht sich zum einen eine Ablösung der Vollbeschäftigungsgesellschaft durch die flexible Arbeitsgesellschaft. Das bisherige "Normalarbeitsverhältnis" werde immer seltener, Vollzeitbeschäftigung wurde ersetzt durch Teilzeit und selbst die seien oft unbefristet.


Politik in der Verantwortung

Die Folgen der beschriebenen gesellschaftlichen Entwicklung für die Bevölkerung - vor allem aber der Langzeitarbeitslosen - seien erheblich. Es sei erstaunlich, wie viele Unternehmen ihre Energie auf den Mangel konzentrieren würden. Ihre Grundidee geht davon aus, dass die Konkurrenz hart ist und die Konsumenten nur wenig Geld zur Verfügung haben. Fehn klagt hier auch die Politik an: "Worauf konzentrieren sich die Regierungen? Auf Sparprogramme", so lautet seine ernüchternde Antwort. "Der Sozialstaat wird nicht müde, den Menschen zu sagen, wie arm, wie schwach, wie hilflos sie sind und sie sich deshalb mit Hartz IV zufriedengeben müssen." So würde das Selbstvertrauen der Arbeitslosen weiter sinken. rg