Druckartikel: Betroffen sind vor allem Familien mit Behinderten

Betroffen sind vor allem Familien mit Behinderten


Autor: Pauline Lindner

Heroldsbach, Samstag, 29. November 2014

von unserer Mitarbeiterin Pauline Lindner Heroldsbach/St. Petersburg — Die Sanktionen der EU gegenüber Russland wirken sich massiv aus. Kaum waren sie bekannt gegeben, stiegen die ...
Karin Rühlmann (rechts) besucht mit Ludmila Kurowa die kleine Aljona, die Tochter von Anna, zwei betreuten Personen der Kinderhilfe St. Petersburg. Foto: Pauline Lindner


von unserer Mitarbeiterin Pauline Lindner

Heroldsbach/St. Petersburg — Die Sanktionen der EU gegenüber Russland wirken sich massiv aus. Kaum waren sie bekannt gegeben, stiegen die Lebensmittelpreise auf den Märkten von St. Petersburg um 30 bis 40 Prozent an. Und viele Waren verschwanden aus den Läden. "Wir haben Angst vor dem kommenden Winter", sagten denn auch ihre Gewährsleute zu Karin Rühlmann.
Sie ist die Vorsitzende der Kinderhilfe St. Petersburg. Der private gemeinnützige Verein unterstützt seit 15 Jahren bedürftige Familien in der nordrussischen Metropole. Vor Kurzem besuchte Rühlmann sie und musste sich dort mit deren Sorgen auseinandersetzen.

Hilfe St. Petersburg seit 1999

Betroffen sind vor allem Familien mit Behinderten. Für sie gibt es kaum eine staatliche Unterstützung, obwohl gerade sie häufig medizinische Hilfe brauchen. Einrichtungen wie beschützende Werkstätten sind so gut wie unbekannt. Die Hilfsaktion startete 1999 nach einem Besuch in der Armenküche der Malteser und den sozialen Einrichtungen der Caritas. Rühlmann lernte dort Ludmila Kurowa kennen. Die Frau ist auf Krücken angewiesen, zog aber dennoch drei eigene und die fünf Kinder ihrer verstorbenen Schwester auf. Über eine Stunde mussten sie damals mit öffentlichen Verkehrsmitteln fahren, um in der weitläufigen Stadt zur Armenküche zu kommen.
Inzwischen hat sich die wirtschaftliche Lage der Familie entspannt, da ein Teil der Kinder schon im Beruf steht. Kurowa selbst erhält nur eine winzige Rente. Als eine Art Gegenleistung kümmert sich Kurowa um die Familien, die auch heute auf Unterstützung angewiesen sind.
So besucht sie Kolja und seine Mutter, die beide psychisch angeschlagen sind. Lebensfreude haben die zwei sehr zurückgezogen lebenden, wenn sie malen können. Da Kurowa Deutsch beherrscht, übermittelt sie regelmäßig Berichte und vor allem die Dankesbriefe der unterstützten Familien.
Ein besonderer Schützling Kurowas ist Anna. Sie ist heute Anfang 20 und leidet an Zöliakie. Als älteste von zehn Kindern zog Anna ihre Geschwister groß, weil die Mutter, eine Alkoholikerin, damit völlig überfordert war. Anna, die in der Nachbarschaft der Familie Kurowa lebte, konnte kaum die Schule besuchen. Da griff Kurowa ein, half dem Mädchen bei den Schulaufgaben und bewahrte sie vor Verwahrlosung.
In den ersten Jahren schickte die Kinderhilfe über die Logistik der Malteser auch Kleiderpakete. Diese Aktion musste eingestellt werden, als Russland den Import gebrauchter Kleidung mit Zöllen und aufwändigen Formalien belegte. Seither kann den Familien nur Geld in zweimonatlichen Beträgen zur Verfügung gestellt werden. Die Summen liegen bei etwa 20 Euro pro bedürftiger Person. Und dennoch ist es so möglich, dass sie sich dringend benötigte Dinge anschaffen oder eine medizinische Leistung bezahlen können.

Mitgliedsbeiträge und Spenden

Die Geldmittel erwirtschaftet die Kinderhilfe St. Petersburg aus ihren Mitgliedsbeiträgen und aus Spenden. Zu einer kleinen Tradition sind inzwischen die Benefizkonzerte geworden, die die in Heroldsbach lebenden Musikerinnen, die Pianistin Gulnara Büttner und die Cellistin Elena Ivanova mit ihren Schülern und Musikerkollegen im von der Familie von Bentzel zur Verfügung gestellten Romantiksaal veranstalten.