Bestechend fleißig, aber friedlich
Autor: Katja Müller
Haßfurt, Mittwoch, 29. März 2017
Die großen Schwestern der Wespen sind selten geworden. Viele Menschen fürchten die imposanten Insekten. Doch die haben ihren schlechten Ruf überhaupt nicht verdient.
Katja Müller
Bald sind sie wieder unterwegs: Bienen, Wes-pen, Hummeln und Hornissen schwärmen aus. Oft zum Leidwesen der Menschen, die sich durch sie bedroht fühlen - oft zu Unrecht.
Gerade die - zugegeben mit 40 Millimeter Größe recht eindrucksvollen Hornissen - jagen vielen Angst ein. Dabei sind sie besonders fleißig - und nützlich. Ein Hornissenvolk erbeutet am Tag etwa ein halbes Kilogramm Schädlinge, darunter auch Wespen. Wen das nicht überzeugt, der sei darin erinnert, dass Hornissen unter Naturschutz stehen. Für das Töten einer Hornisse kann eine Geld- oder sogar eine Freiheitsstrafe verhängt werden.
Unter besonderem Schutz
Wer ein Hornissennest auf seinem Grundstück entdeckt, wendet sich am besten an Manfred Hußlein, Fachreferent für Naturschutz und Landschaftspflege am Landratsamt in Haßfurt. Er muss es sogar, wenn er das Nest versetzen lassen will. Da die Tiere unter besonderem Schutz stehen, braucht man dafür eine Ausnahmegenehmigung. Doch oft ist das nach einer Aufklärung durch den Fachreferenten gar nicht mehr nötig. "Hornissen und Wespen stellen keine Gefahr für den Menschen dar und stechen nur, wenn sie sich angegriffen fühlen."Wie alle anderen staatenbildenden Insekten verteidigen Hornissen nur ihr Volk und ihre Königin gegen tatsächliche oder vermeintliche Angriffe auf das Nest. Deshalb muss grundsätzlich zwischen zwei Verhaltensweisen unterschieden werden, dem Verhalten im unmittelbaren Nestbereich (Radius von zwei bis drei Metern) und dem außerhalb des Nestbereiches. Selbstverständlich sind Störungen wie heftige Bewegungen, Blockieren der Flugbahn sowie Erschütterungen am Nest grundsätzlich zu vermeiden.
Allgemein sind Hornissen erstaunlich friedfertige Tiere, ja sogar scheuer als Honigbienen und ziehen es immer vor, einem Konflikt durch Flucht auszuweichen. Wissenschaftlich ist längst erwiesen, dass Stiche von Hornissen nicht gefährlicher sind als die von Biene und Wespe.
Meistens kann man mit den Insekten und deren Nestern im Garten gut auskommen, erklärt Manfred Hußlein und ergänzt: "Wussten Sie, dass von den 16 verschiedenen Wespenarten nur zwei lästig sind und auf Fleisch und Süßes fliegen? Und Hornissen lässt Süßes auf dem Tisch kalt!"
Häufig ließen sich die Belästigungen durch einfache Maßnahmen wie das Absperren des Nestbereiches, das Freihalten des Einflugbereiches zum Nest, das Verschließen oder Verhängen von Fenstern und Türen oder das Abdecken von Speisen und Getränken verhindern. Nur in den wenigsten Fällen müssten die Nester von Bienen, Wespen und Hornissen wirklich entfernt werden.
Gern erinnert sich Hußlein an den Fall eines Gewerbetreibenden aus dem Landkreis, der sich sehr kompromissbereit zeigte und ein Hornissennest in seine Werkstatt integrierte. "Die Hornissen bauen ihr Nest ja jedes Jahr neu, es wächst manchmal bis auf 50 bis 60 Liter an", erklärt Hußlein. In dem konkreten Fall hätten die Hornissen mit dem Nestbau auf einem Werkstattdach begonnen, sich dann aber in die Werkstatt hineingefressen. "Die Waben sind reingewachsen, ein richtiges Kunstwerk", erinnert sich Hußlein. "Um Mitarbeiter und Tiere zu schützen, wurde schließlich ein Blechkasten an der Decke befestigt, um die Tiere abzuschirmen. So konnten sie weiterhin über das Dach ein- und ausfliegen.
Doch trotz aller Tierliebe geht auch für den Fachreferenten die Sicherheit vor. "Wenn das Nest direkt im Eingangsbereich ist, Kleinkinder im Haus sind oder Menschen, die gegen das Insektengift allergisch sind, empfiehlt es sich, das Nest zu versetzen. Da muss man von Fall zu Fall entscheiden", sagt Hußlein. Der Fachreferent berät pro Jahr etwa 30 Bürger.
Ans Nest selbst geht er nicht. Dafür sind gewerbliche Kammerjäger oder - in Ausnahmefällen - die örtlichen Feuerwehren zuständig.
Laut Auskunft von Manfred Hußlein beginnen Wespe, Hornisse und Co. ab April oder Mai (je nach Temperatur) mit der Staatenbildung. Darum empfiehlt er bald zu handeln, falls ein Nest versetzt werden müsse.
"Wie gesagt: Die Nester der Hornissen wachsen. In der Hochphase im August, wenn mehrere Tausend Tiere drinnen sind, ist es ungünstig." Doch wer es bis in den Hochsommer mit den Insekten ausgehalten hat, der hat es nicht mehr lang: Wespen und Hornissen leben nur einen Sommer lang.