Bedrohung aus dem Netz
Autor: Redaktion
Kulmbach, Montag, 23. Oktober 2017
Die Opferhilfe Oberfranken diskutierte mit Erzieherinnen, wie man den Gefahren aus der digitalen Welt begegnen kann.
Die digitale Welt hat unsere Gesellschaft verändert. Das gilt nicht nur für Erwachsene, sondern fängt schon im Kinderzimmer an. Spielten früher die Mädchen mit Barbie-Puppen, so daddeln sie heute mit dem Handy oder surfen per PC rund um den Globus. Schon bei manchem Zehnjährigen liegt das Mobiltelefon neben den Büchern im Schulranzen. Bei den vielen Vorteilen, die die Informationstechnik bietet, gibt es aber auch zahlreiche Gefahren, denen sich gerade Kinder und Jugendliche gegenübersehen: Cyber-Mobbing zum Beispiel. Oder digitale Abzocke-Modelle. Schlimmer noch: Sexual-Straftäter, die die Anonymität des Netzes nutzen, um Kontakte anzubahnen zu den Objekten ihrer krankhaften Begierde. Sie verbergen ihr wahres Gesicht hinter einer biederen Maske der Harmlosigkeit. Wenn die aber fällt, gibt es nicht selten ein böses Erwachen.
Solch kriminellen Elementen den Kampf angesagt hat die Opferhilfe Oberfranken (OHO). Die Aktiven, die vormals alle zum größten Teil beim "Weißen Ring" organisiert waren, haben ein neues Konzept gestartet. Ziel: Eltern, Lehrer, aber auch Erziehrinnen in den Kitas zu sensibilisieren für die genannten Gefahren. Und ihnen weiterzuhelfen im "Fall der Fälle."
Zu diesem Zweck hatten die Mitglieder eingeladen zu einem Tages-Seminar nach Bayreuth. Im "Zentrum" diskutierten sie mit Führungskräften aus Kindergärten der Region, wie die Medien-Kompetenz gesteigert werden kann. Um die ist es in Bayern nicht gut bestellt: Laut einer Analyse bildet der Freistaat im Reigen der Bundesländer das Schlusslicht.
Durch das tagesfüllende Programm führte Alfons Hrubesch, der Vorsitzende der OHO. In einer abschließenden Diskussionsrunde wurden die Ergebnisse zusammengefasst und von kompetenten Ansprechpartnern erörtert.
Julia von Weiler, Vorsitzende der Organisation "Innocence in Danger", riet dazu, das Projekt in alle Kitas zu tragen. Es sei wichtig, die Kontakte auszubauen und sich zu vernetzen. "Wir sind darauf angewiesen, möglichst viel Erfahrung zu sammeln und auszutauschen," so die Psychologin.
Wichtig nannte sie es, die Internet-Industrie stärker in die Pflicht zu nehmen. Unternehmen wie Google, Amazon und Facebook verwerteten ungeniert personenbezogene Daten - und niemand trete dem entgegen. "Wenn das der Staat machen würde, gäbe es einen Aufschrei in Sachen Datenschutz."
Katrin Schamel vom Polizeipräsidium Bayreuth mahnte die Erwachsenen, ihr eigenes Verhalten im Internet auf den Prüfstand zu stellen. "Wie sollen sich die Kinder anders verhalten, wenn ihre Eltern genau dieses Verhalten vorleben?", fragte die Kriminal-Oberkommissarin.
Sie berichtete davon, dass selbst schon Minderjährigen Sex-Videos zugemailt würden. Als Rat gab sie allen Betroffenen an die Hand, sich im Zweifelsfall immer an die Polizei zu wenden.
Domäne der Jüngeren
Auf einen Schwachpunkt wies Anne Salzbrenner, stellvertretende Dekanin aus Lichtenfels, hin. In der Altersgruppe der 40- bis 60-Jährigen gebe es relativ wenige Menschen mit guten Kenntnissen im digitalen Bereich. Dies sei die Domäne der Jüngeren, die in der Welt der Pixel und Bites aufgewachsen seien. Deshalb nannte sie es wichtig, die Mitarbeiter zu schulen. "Wir machen uns Gedanken darüber, solche Angebote als verpflichtende Fortbildungsmaßnahmen durchzuführen."
Salzbrenner berichtete, dass auch in ihrem Tätigkeitsfeld Mitarbeiterinnen schon Opfer von Rufmord und Cyber-Mobbing geworden sind. Sie sah zudem Parallelen zwischen der Diskussion über die Internet-Nutzung und der einstigen Thematik des Fernseh-Konsums. "Auch damals gab es schon Untersuchungen, was beispielsweise Action-Filme mit Gewalt-Szenen bei Kindern anrichten."
Hilfsangebote ausschöpfen
Den Kampf gegen kriminelle Elemente im Internet nannte Bayreuths Dritte Bürgermeisterin Beate Kuhn eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Die Ärztin riet Opfern, die Hilfsangebote des Staates auszuschöpfen und die Leistungen nach dem Opfer-Entschädigungsgesetz in Anspruch zu nehmen. Oftmals litten die Betroffenen zeitlebens unter Vorgängen, die Jahrzehnte zurücklägen.
Konkret nannte sie Missbrauch im Kindesalter. Viele Opfer solcher Übergriffe entwickelten im Erwachsenenalter schwere Borderline-Syndrome, die ihre Lebensqualität massiv einschränken.