Druckartikel: Bauern wagen den Aufstand

Bauern wagen den Aufstand


Autor: Simone Bastian

Coburg, Donnerstag, 14. Sept. 2017

Arm, rechtlos, verachtet: Es waren nicht nur Bauern, die Anfang des 16. Jahrhunderts zur Rebellion aufriefen. Sie wollten eine neue Rechtsordnung und Freiheiten - Dinge, die heute selbstverständlich scheinen.
Die 12 Artikel der Bauern wurden vielfach nachgedruckt. In der Landesausstellung ist ein Exemplar aus Regensburg zu sehen, mit zahlreichen handschriftlichen Anmerkungen. Abb.: Staatliche Bibliothek Regensburg


Es klingt nachgerade modern und selbstverständlich: Bei Gerichtsverfahren soll es um die Sache gehen und nur darum, Verträge sind einzuhalten, und wenn einer mehr arbeiten soll, als er von Vertrags wegen muss, soll er dafür eine Entschädigung erhalten.
1525 jedoch bedeuteten solche Forderungen einen Aufstand. Denn sie wurden proklamiert von Bauern, die in der Leibeigenschaft lebten. Die verlangten von ihrer Herrschaft, nur noch so viel leisten und abgeben zu müssen, wie recht und billig sei - und nicht nach Belieben immer mehr. Die Bauern wollten ihre Pfarrer selber wählen, über die Verwendung ihres Zehnten selbst bestimmen und außerdem Wild jagen, fischen und Holz einschlagen dürfen.
Zwölf Artikel sind es insgesamt, die da im Februar 1525 auf dem Marktplatz in Memmingen verkündet werden. Die Forschung geht davon aus, dass sie von dem Pfarrer Christoph Schappeler und dem Kürschnergesellen und Laienprediger Sebastian Lorzer verfasst wurden. Bei allem, was sie verlangen, berufen sich die zwölf Artikel aufs Evangelium: Schließlich wollen die Bauern ja nach dem Evangelium leben, erkennen damit auch Obrigkeiten und Gebote an, aber in Maßen. Vor allem sei die Leibeigenschaft nach dem Evangelium nicht zu rechtfertigen, denn Christus sei gestorben, um alle zu erlösen, und alle Christen seien vor Gott gleich.
Diese Berufung aufs Evangelium passt in eine Zeit, in der ohnehin schon über die Rolle der Kirche, den wahren Glauben und natürlich die Herrschaftsverhältnisse diskutiert wird. Nur passt es denjenigen nicht, die gewohnt waren, unter sich zu diskutieren: Der Adel schlägt den Bauernaufstand nieder, Martin Luther, der mit seiner Kritik am Ablasshandel und weiteren kirchenkritischen Schriften den Stein der Reformation ins Rollen gebracht hatte, distanziert sich ausdrücklich von den Aufrührern. So habe er das mit der Freiheit des Christenmenschen nun auch nicht gemeint...
Die Landesausstellung in Coburg widmet der Situation der Landbevölkerung, die mit zum Aufstand führte, viel Raum. Die Lebensverhältnisse waren schlecht, Bauern verachtet und nahezu rechtlos. Die Aufstände blieben jedoch regional beschränkt und wurden von den Landesfürsten rasch niedergeschlagen. 1526 war es damit vorbei. Die zwölf Artikel allerdings, die massenhaft nachgedruckt und verbreitet worden waren, blieben.