Bauern klagen: Milch- und Fleischpreise auf neuem Tiefstand
Autor: Anja Greiner
Kronach, Dienstag, 18. August 2015
von unserem Redaktionsmitglied Anja Greiner
Kronach — Mit Essen spielt man nicht. Könnte Klaus Siegelin, stellvertretender Kreisobmann, den großen Lebensmittelketten einen Satz sagen, es wäre dieser. Der Preiskampf der Discounter, die Schlacht um Marktanteile von zwei oder drei Prozent, all das gehe zu Lasten der Bauern, setze Existenzen aufs Spiel. So, sagt auch Kreisobmann Erwin Schwarz, könne es nicht weitergehen. Seien es Strom, Mieten oder Treibstoff, überall würden die Preise steigen, allein der Lebensmittelhandel sei davon ausgenommen. Momentan liege der Milchpreis bei 30 Cent, langfristig wären zwischen 33 und 35 Cent nötig, sagt Schwarz. Vor allem der schlechte Milchpulver- und Butterpreis von derzeit 24 Cent (im August 2013 waren es noch 44 Cent) sei dabei das Problem, nicht so sehr das Auslaufen der Milchquote im April dieses Jahres. Bei den Bauern macht's nun nicht nur die Milch, sondern auch das Fleisch.
Oder eben nicht.
Keine Köpfe nach China
Derzeit sei der Fleischpreis mit 1,40 Euro pro Kilo Schweinefleisch auf einem Fünfjahrestief. Im August 2013 lag der Preis noch bei rund 1,62 Euro. Kostendeckend könnte der Bauer mit 1,44 Euro pro Kilo arbeiten. Das Russlandembargo, verhängt aufgrund der Ukrainekrise, koste rund vier Cent, schätzt Schwarz. Die Russen, aber auch die Chinesen, die wegen der momentanen Abwertung des Yuan weniger importieren, beide hätten gekauft, was in Deutschland nicht gut absetzbar ist: fetteres Fleisch, Rüssel, Füße, Köpfe. Was nicht mehr verkauft werden kann, muss entsorgt werden, da fallen zusätzliche Kosten an. Die Zeiten, in denen man noch von den guten Jahren zehren konnte, sind fast vorbei. Und die Zeiten, in denen an Schützenfesten der Preis noch einmal stieg, der Sommerausschlag, sind wohl ebenfalls vorbei.
Er wisse, sagt Schwarz, auch die Händler bei solchen Festen müssten leben, aber wenn von einem Steak, das für 4,50 Euro beim Freischießen verkauft wird, 35 Cent beim Bauern ankämen, sei das nicht gerade viel. Kein Vorwurf, eher ein Appell soll es sein.
Beim Getreide sehe es schließlich nicht anders aus. Für eine Semmel von 35 Cent entfallen auf den Getreideanteil zwei Prozent (das entspricht 0,71 Cent). Schwarz stört es, dass die Landwirte oft als Sündenbock hingestellt werden, wenn die Preise beim Brot stiegen und die Bäcker das mit einem steigenden Getreidepreis begründen würden.
Protestieren, wie in anderen Teilen Deutschlands bereits geschehen, wollen die Bauern in Kronach nicht. Sie setzten auf den Dialog, das Verständnis der Bürger. Darum appelliert auch die stellvertretende Kreisbäuerin Marina Herr an den Verbraucher, sich darüber Gedanken zu machen, was man einkaufe: "Muss es wirklich die Bio-Tomate aus Spanien sein, oder ist nicht die vom Gärtner nebenan besser?" Bäuerliche Familienbetriebe, sagt sie, hängen von der Antwort dieser Frage ab. Kurzum: Bio ist eben nicht gleich regional.