Bamberger dirigiert die Rockstars
Autor: Ralf Kestel
Bamberg, Mittwoch, 09. Januar 2019
"Rock meets classic" heißt es im 7. März wieder in der Brose-Arena. Neben Ian Gillan und Anna Maria Kaufmann gehört mit auch Bernhard Wünsch ein Lokalmatador zu den Machern der Bombast-Veranstaltung.
Für Bärbel Pflaum war er das große Teenager-Idol. Die gebürtige Scheßlitzerin schlief jede Nacht auf dem Poster, das sie aus der "Bravo" herausgetrennt und unterm Kopfkissen aufbewahrt hatte: Ian Gillan, der Sänger von "Deep Purple", hatte es ihr angetan. In der Eberner Realschule überredete sie als Mitglied der Schülermitverwaltung (SMV) den Rektor zu einem besonderen Ausflug der gesamten Schule: Besuch eines Konzertes von "Deep Purple" in Nürnberg in der Meistersingerhalle. Das war im Dezember 1970. Das waren noch Zeiten, das waren noch Lehrer. Die 15 Mark für die Eintrittskarten stellten einige Eltern vor Probleme - finanziell, aber auch erzieherisch. Ein Schulausflug zu solch Langhaarigen mit "Negermusik"?
Als Sängerin eiferte sie ihrem Vorbild nach und noch heute hat Bärbel auf ihrem Handy ein Foto von Ian Gillan mit seiner langen Mähne sofort parat. Aber auch eines mit dem aktuellen Kurzhaar-Look des mittlerweile 73-Jährigen. Am 7. März wird sie ihn in der Bamberger Brose-Arena wieder treffen, als Headliner von "Rock meets classic".
Zum vierten Mal mischt der Rockstar bei dieser Konzertreihe mit, zwei Mal war er damit auch schon nach Bamberg gekommen. "Wir wollten ihn zur Jubiläumstour unbedingt dabeihaben", sagt Mat Sinner (54), der musikalische Leiter seit Anbeginn beim Medientag im Hard-Rock-Café in München. Der Stuttgarter erinnert sich noch genau an die Anfänge von "Rock meets classic", als er mit seiner Band beim 50. Geburtstag des Produzenten Manfred Hertlein, seinem allerersten Manager, spielte. "Der sagte damals: Lass' uns doch wieder mal etwas Gemeinsames machen. Einen anderen Manager hatte ich schon, also hoben wir Rock meets classic aus der Taufe."
Wunderbare Symbiose
Zunächst im kleineren Rahmen. Nach dem Testlauf 2010 stieß aber Ian Gillan dazu. "Das war der eigentliche Startschuss und hob uns alle sofort auf ein höheres Niveau und öffnete uns Deutschlands große Hallen. Die Symbiose von Rockmusik und Orchester funktioniert einfach wunderbar. Und mit Ian Gillan ist es uns gelungen, dieses Format zu etablieren", resümiert Sinner. Natürlich wird immer wieder an Stellschrauben gedreht. "Die Vorbereitungen ziehen sich über ein halbes Jahr hin. Wir sprechen mit vielen Künstlern und überlegen uns, welche Musik passen würde." "Wir" - das sind Matt Sinner, sein jeweiliger Keyboarder und der Dirigent des Symphonie-Orchesters. Und dessen Name hat in Bamberg einen besonderen Klang, weil er hier aufgewachsen und ins Gymnasium gegangen ist: Bernhard Wünsch (53), Sohn des früheren Domorganisten und Domkapellmeisters Wolfgang Wünsch und einst Assistent von Symphoniker-Intendant Rolf Beck. Wünsch hat im März 2019 wie schon bei früheren Rock-meets-classic-Gastspielen wieder ein Heimspiel.
"Bei rund 50 Künstlern fängt die Auswahl an", umschreibt Matt Sinner das jährliche Prozedere. "Manche wollen wir haben, andere wollen unbedingt zu uns. Mitunter vergeht ein Jahr an Verhandlungen, bis es zur Unterschrift kommt. Die Vorstellungen mancher US-Agenten sind einfach utopisch."
Zur zehnten Auflage kam ein Line-up zusammen, das es auf deutschen Bühnen noch nicht zu sehen gab: Neben Ian Gillan wirken Kevin Cronin (von "REO Speedwagon") und Mike Reno (von "Loverboy") mit. Ihr 50. Bühnenjubiläum zelebrieren Scott Gorham von "Thin Lizzy" sowie Andy Scott und Pete Lincoln von "The Sweet".
Andy Scott (70) kennt "Rock meets Classic" von früheren Tourneen. "Leider können wir nicht in Urbesetzung auftreten, weil einige nicht mehr unter uns sind. Aber solche Classic-Tourneen sind wie das Treffen von Schulfreunden, weil man sich seit Jahrzehnten kennt." Die gemeinsame Runde Schnaps vor und nach dem Konzert gehört schon zum Ritual. "Da herrscht richtig Party."