Von Fahnenmast erschlagen
Autor: Redaktion
Bamberg, Montag, 25. April 2022
Unglück Wer ist für den tragischen Tod einer 23-jährigen Auszubildenden durch einen umgestürzten Mast in Kiel verantwortlich? Zwei Lastwagenfahrer aus dem Raum Bamberg müssen sich wegen fahrlässiger Tötung verantworten.
Die etwa 50 neuen Auszubildenden der Stadt Kiel versammeln sich gerade für ein Begrüßungsfoto auf dem Rathausplatz. Dann fährt ein Lastwagen rückwärts gegen einen nahe stehenden Fahnenmast. Die 14 Meter hohe Stange bricht und erschlägt eine 23-Jährige. Für diesen tragischen Vorfall am 3. August 2020 müssen sich seit Montag ein 62 Jahre alter Lkw-Fahrer und sein 75 Jahre alter Beifahrer vor dem Kieler Amtsgericht verantworten. Die Staatsanwaltschaft hat die Männer aus der Nähe von Bamberg wegen fahrlässiger Tötung angeklagt.
Zu Prozessbeginn brachten die Verteidiger die Anteilnahme der Angeklagten zum Ausdruck. „Er wollte hier und heute sein Bedauern ausdrücken“, sagte der Anwalt des Beifahrers. Der Anwalt sprach von einem „fürchterlichen Geschehen“. Zur Sache selbst machten die Angeklagten zunächst keine Angaben.
Widerrechtlich den Platz befahren?
Die Staatsanwaltschaft sieht es als erwiesen an, dass die beiden Männer mit dem widerrechtlichen Befahren des Platzes und dem Zurücksetzen des Lastwagens mit Kran ohne erforderliche Einweisung das Unglück mitverursacht haben. Laut Anklage haben sie den Platz ohne Genehmigung befahren, um Baumaterial für die Renovierung der Rathausfassade transportieren zu können. Das Verbot, den Platz zu befahren, sei beiden Männern durch ein Verkehrsschild ersichtlich gewesen, sagte die Staatsanwältin . Bei der Vorbereitung, den Anhänger später wieder anzukoppeln, sei der Lastwagen schließlich beim Rückwärtsfahren gegen den Fahnenmast gefahren.
Anders als für die Staatsanwaltschaft steht für Richter Sebastian Schwarz infrage, ob der 75-Jährige den Lkw-Fahrer überhaupt beim Rückwärtsfahren einwies beziehungsweise ob er dabei einen Fehler machte. War dies gar nicht der Fall, könnte der Mann demnach nicht belangt werden.
Die Mutter der 23-Jährigen tritt als Nebenklägerin auf. Sie verfolgte den ersten Verhandlungstag im Saal. Die Frau wolle erfahren, wer für den Tod der Tochter verantwortlich sei. Der Prozess sei ein Stück weit Trauerarbeit . „Die Familie leidet extrem darunter“, sagte ihr Anwalt. Seine Mandantin empfinde das am Montag von den Verteidigern erfolgte Angebot, mit den Angeklagten über das Geschehen zu sprechen, als zu spät.
Nach Darstellung des Verteidigers des Lkw-Fahrers handelte es sich um eine Verkettung unglücklicher Umstände. „Nach aktuellem Stand ist ein Zuordnen des Verschuldens nicht möglich.“ Dafür gebe es zu viele Unklarheiten und Widersprüchlichkeiten. Dies betreffe beispielsweise die Frage, ob eine Genehmigung für das Befahren des Platzes vorgelegen habe oder nicht.