Einfach spektakulär!
Autor: Martin Köhl
Bamberg, Dienstag, 13. Juli 2021
Oper Die DomStufen-Festspiele Erfurt wagen sich an Peter Tschaikowskys „Jungfrau von Orléans“. Die Zuschauer werden mit einer überwältigenden Inszenierung verwöhnt.
Die Premiere war noch ins Wasser gefallen, aber für die folgenden Aufführungen brachte der Wettergott bessere Laune mit. Und so konnte bei den DomStufen-Festspielen in Erfurt Peter Tschaikowskys eher selten gespielte Oper „Die Jungfrau von Orléans“ (nach Schiller) in der Inszenierung von Tomo Sugao auf den ausladenden Treppen vor dem Dom und St. Severi raumgreifende Gestalt gewinnen.
Das Bühnenbild dekliniert die Stufenanordnung ins Extreme: Weit in die Höhe geführt und ganz oben sogar wie eine Welle zurückstürzend, wirkt diese architekturale Idee in ihrer sonstigen Leere monumental. Man wähnt sich in einer „Aida“-Inszenierung, so pharaonisch-gigantisch ist die Wirkung. Ein größerer Kontrast zur vorherigen „Carmen“-Inszenierung lässt sich kaum denken, denn damals waren die Domstufen zu einem riesigen Schrottplatz mit unzähligen Autoleichen umfunktioniert worden.
Glasfaser machts möglich
Auch in musikalisch-technischer Hinsicht hat sich einiges geändert. Das Philharmonische Orchester Erfurt musiziert nun nicht mehr in einem Verschlag neben der Bühne, sondern spielt sozusagen „daheim“ im Großen Saal des Theaters, wenige Hundert Meter entfernt. Glasfaser macht’s möglich, dass erstens dadurch die Bühne vergrößert und zweitens unter pandemischen Bedingungen dennoch in voller Besetzung gespielt werden kann. Das gelingt in Bezug auf die Abstimmung zwischen Orchester , Chor und Solisten so präzise, dass man fast vor einem Rätsel steht – famos!
Die musikalische Leitung obliegt abwechselnd Yannis Pouspourikas und Chanming Chung; in der besuchten B-Premiere stand der erstgenannte Dirigent am Pult, der zurzeit auch 1. Kapellmeister am Erfurter Opernhaus ist.
Tomo Sugaos Inszenierung beeindruckt durch ihre Bildfindungen ebenso wie durch ihre akustischen und visuellen Überwältigungen, ohne dabei in die Oberflächlichkeit einer Lightshow abzudriften. Stets ist der unmittelbare Zusammenhang mit der Handlung gewährleistet. Das Personal muss sich hinter den Masken der Commedia dell’arte verstecken, einzige Ausnahme ist die Titelheldin: Johanna die Reine, Unbefleckte, die sich aber bald des Verdachts erwehren muss, mit dem Satan im Bunde zu stehen.