Druckartikel: Bamberg spricht Romantiker an

Bamberg spricht Romantiker an


Autor: red

Bamberg, Dienstag, 01. Juli 2014

Fund   Ein Bamberger Kupferstich von 1837 und ein Text über die Stadt wurden auf einem belgischen Flohmarkt entdeckt.



Bamberg — Jeden Sonntag gibt es in der belgischen Kleinstadt Tongeren unweit von Aachen einen großen Trödelmarkt. Der Journalist Atze Schmidt - "flohmarktsüchtig", wie er selbst von sich sagt - machte dort unter allerlei Kram und Krempel einen ungewöhnlichen Fund. Er entdeckte einen kolorierten Kupferstich mit einer Ansicht von Bamberg aus dem Jahr 1837 und einen Text über die Stadt aus derselben Zeit. Der aus Bayern stammende Kollege, der heute im Emsland lebt, schreibt an die Lokalredaktion: "Mögen die Leser des Fränkischen Tags den gleichen Spaß daran haben wie ich."
Nach den Recherchen Atze Schmidts ist dieser Bamberger Stich ein Werk des Wiener Kupferstechers Leopold Beyer, dem dafür als Vorlage ein Bild des damals recht bekannten und überaus produktiven Malers und Radierers Adrian Ludwig Richter diente. Der aus Dresden stammende Richter durchwanderte Deutschland, um Skizzen aufzunehmen, die er dann zu Bildvorlagen für Stahl- und Kupferstiche ausarbeitete.
Als das Werk geschaffen wurde, gärte es in Deutschland. In Schlesien kämpften die Weber gegen das Elend, was dann 1844 zu einem gewaltigen Aufstand führte. Und weitere vier Jahre später breitete sich von Baden und der Pfalz die Revolution von 1848 über das Deutsche Reich aus. Doch biedermeierlich-idyllisch wirkt das Bamberg-Bild, und genau das war der Stil, der offenbar gefragt war.
Eine Sehnsucht nach der schon damals als "die gute alte Zeit" verklärten Vergangenheit galt es zu befriedigen. Und so verbannten die Maler der Veduten, der Vorlagen für die Steindrucke sowie Kupfer- und Stahlstiche, möglichst alles aus ihren Bildern, was "modern" war. Kaum auf einer der Städteansichten und Landschaftspanoramen der damaligen Zeit zeigt sich schüchtern ein Fabrikschlötchen.

Industrie wird ausgeblendet

Auch die Eisenbahn, aus der Wirklichkeit schon nicht mehr wegzudenken, kommt in den Darstellungen so gut wie nicht vor. Fast ängstlich, so scheint es, wurde jeder Bezug zur Industrie vermieden. Und so sind die Bilder jener Epoche mit ganz wenigen Ausnahmen unter dem Titel "Das malerische und romantische Deutschland" zu versammeln. Die Bamberger Ansicht ist dafür ein besonders schönes Beispiel.
Auch der Text über Bamberg, der sich zusammen mit dem Kupferstich fand, passt in dieses Bild. Man trete ein "in den Mittelpunkt freundlichen Wohllebens, des Überflusses, der Civilisation und der Künste" heißt es da. "Die heiteren Formen dieser Stadt erobern das Herz selbst des sprödestens Fremdlings." Bambergs Umland wird als ein einziger Gemüsegarten beschrieben: "Da sehen wir unermessliche Beete, Armeen von Kohlköpfen, wogende Federbüsche von Millionen gelben Rüben sowie Anis, Mohn und in reicher Masse Süßholz. Wenn Wochenmarkt ist in Bamberg, dann hat Pan, der Gartengott, hier Unendliches in die Stadt befördert. Und die Bamberger Gärtnerweiber, kräftige Naturen mit Mützen, deren gigantische Schleifen die Superlative ihrer Gattung sind, versehen ihren Dienst mit immerfort fleissigem Mundwerk..." red