Bahnhof bleibt an Ort und Stelle
Autor: Redaktion
Hirschaid, Donnerstag, 25. Juni 2020
Der Bahnhaltepunkt sollte verlegt werden, doch der Hirschaider Marktgemeinderat lehnt einen Bürgerantrag ab
Mit 11:14 Stimmen lehnte der Marktgemeinderat den von 350 Hirschaidern unterstützten Bürgerantrag ab, im Zuge des Ausbaus der ICE-Strecke den Bahnhaltepunkt in den "Leimhüll" zu verlegen. Viele Gründe führten die Initiatoren der Aktion "Pro Bahnhaltepunktverlegung - Pro Hirschaid" an, den Bahnhof zukunftsweisend umzuplatzieren. Auch die Gelegenheit sei günstig: die Bahn errichtet in Hirschaid ohnehin eine Großbaustelle.
Doch die prekäre finanzielle Situation der Marktgemeinde überschattet das Projekt. Während Hirschaid gerade 14 Millionen Euro neue Schulden aufnehmen muss, um anstehende Pflichtaufgaben zu erfüllen, kann niemand die Kosten einer Bahnhofsverlegung beziffern. Man kann einen Millionenbetrag erahnen und weiß definitiv, dass sich die Deutsche Bahn kaum daran beteiligen würde. Dieser Aspekt sollte auf Wunsch des Bürgermeisters Klaus Homann (CSU) in der Beratung ausgeklammert werden. Sie sollte sich nur mit dem Für und Wider einer Verlegung beschäftigen.
Teure Aufrechterhaltung
Und so taten sich die Antrags-gegner im Marktgemeinderat schwer, Argumente für den Verbleib am jetzigen Standort zu benennen. Zumal der Markt auch für die Ertüchtigung des Haltepunkts tief in die Tasche greifen muss - bis hin zu einem neuen Pendlerparkplatz im "Leimhüll". Das hatte der vormalige Marktgemeinderat allerdings auch schon im Blick, als er im März 2017 beschloss, die in vielen Köpfen schwirrende Verlegung aus Kostengründen nicht weiter zu verfolgen. Eine verpasste Gelegenheit, meinten inzwischen engagierte Bürger und listeten auf über sechs Seiten Argumente auf: die Verbesserung der Verkehrslage zum Beispiel, ferner die Entlastung des Bereichs Bahnhof- und Stiberstraße, die Stärkung der Attraktivität des öffentlichen Personennahverkehrs sowie des Standorts "Hohe Beete" für die Wirtschaft und die städtebauliche Entwicklung oder die Optimierung des Bauablaufes. Ergebnis: So gut wie alles spräche für die Verlegung. Nur die Anwohner im "Leimhüll" würden "eine Belastung erfahren". Widerstand von dort taten die Initiatoren mit dem St.-Florians-Prinzip ab.
Hans Wichert (WG West) und Sebastian Frank (Grüne/ÖLH) empfahlen, dem Bürgerantrag zu entsprechen, um so letztlich zu erfahren, was eine Bahnhofsverlegung überhaupt kosten würde. Dann könne immer noch entschieden werden, ob das Projekt verwirklicht werden solle. Im Sinne der Bürgerinitiative setzten sich auch die Gemeinderäte Dieter Wende, Gerd Porzky, Gerhard Lieberth, Udo Wüst, Jeremiah Katatumba, Horst Auer und Kurt Barthelmes ein.
Tenor: Jetzt die Zukunftschance einer Neuordnung des Verkehrs nutzen, an die Rückkehr finanziell besserer Zeiten denken und sich später nichts vorwerfen lassen. Lediglich die Zweite Bürgermeisterin Elke Eberl (CSU) mäkelte an der Argumentation der Initiatoren. Sie enthalte "zu viele falsche Behauptungen". Unter anderem erinnerte sie daran, dass nicht die Bürger, sondern lediglich die Planer die Haltepunktverlegung in das 2014 verabschiedete Gemeindeentwicklungskonzept aufgenommen hätten.
Unabhängig von dem Bahnprojekt werde bereits an der Verbesserung der Schulbussituation im Umfeld der Realschule gearbeitet und eine Ergänzung des Schulstandortes um ein Gymnasium sei durch den gegenteiligen Kreistagsbeschluss vom Tisch. Niemand könne die Kosten einer Haltepunktverlegung absehen und, so Eberl "nur immer wieder anzuführen, die Bahn muss, wenn die Gemeinde Hirschaid fordert, ist naiv und entbehrt jeder Grundlage." SPD-Rat Josef Haas fühlte sich bemüht, seine Sonderrolle in den Oppositionsreihen zu beschreiben.
Corona hat Auswirkungen
Er wolle sich nicht um die eigene Achse drehen und sehe sich wie 2017 gezwungen, der Verlegung des Haltepunkts seine Zustimmung zu verweigern. Grund: Zu der ohnehin angespannten Finanzlage der Marktgemeinde sei nun noch die Corona-Pandemie mit ihren negativen Auswirkungen auf Gewerbe- und Einkommensteuereinnahmen hinzugekommen. Damit war dann doch das Schreckgespenst erwähnt: Hirschaid kann auf absehbare Zeit den Kraftakt Haltepunktverlegung nicht stemmen. Bürgermeister Homann und 13 Marktgemeinderäte wollen lieber nichts riskieren. Dass der Bahnhof im "Leimhüll" eine schlechte Lösung wäre, hat niemand gesagt. Jörg Panzer, einer der Initiatoren von "Pro Bahnhaltepunktverlegung", äußerte gegenüber unserer Zeitung sein Bedauern über die Ablehnung des Antrags. Ebenso, dass Bürgermeister Homann der Initiative in der Sitzung des Marktgemeinderats kein Rederecht zugestanden hatte.