Aus ist's mit dem Brotverdienst
Autor: Ralf Kestel
Ebern, Dienstag, 05. August 2014
Die Eberner Traditionsbäckerei Sachs steht vor der Pleite. Unternehmer Hans-Peter Sachs hat Ende vergangener Woche Insolvenz angemeldet. Hoffnung gibt es dennoch für einige Ladengeschäfte.
Bänderriss, Operation, vorzeitige Entlassung aus dem Krankenhaus auf eigene Verantwortung, die Nacht schon wieder in der eigenen Backstube. Der gesamte Energieeinsatz bis an den Rand der physischen Belastbarkeit hat nichts genützt. Hans-Peter Sachs (56) hat Ende vergangener Woche am Amtsgericht Bamberg für die traditionsreiche Bäckerei Insolvenz angemeldet. Das ist die schlechte Nachricht. Die gute: Der Geschäftsbetrieb läuft bis mindestens Oktober weiter. Im Bäck-drive wie auch bei den Rundfahrten über die Dörfer.
"Ein Signal an die Kunden", meint Insolvenzverwalter Gerald Rohé, Anwalt aus Schweinfurt, der Chancen für eine Fortführung des Betriebs sieht. "Wenn die schwarze Null steht, geht's auch ohne Investorenlösung", schaut Rohé auf den Standort in der Gymnasiumsstraße. Schwieriger wird's schon für die Backstube in der Kapellenstraße, wo seit Montag die Filiale geschlossen ist. "Das machte kaufmännisch keinen Sinn, dort eine Ganztageskraft zu beschäftigen, die wie alle anderen nach Tarif bezahlt wird, obwohl nur am halben Tag geöffnet war." Betroffen sind nach aktuellem Stand 15 Arbeitnehmer, vor allen Dingen junge Beschäftigte in Backstube und Verkauf, sowie vier Auszubildende, wovon zwei schon übernommen worden sind.
Geschäftsidee geplatzt
Das Problem liegt nach übereinstimmender Einschätzung von Insolvenzverwalter Rohé und Firmen-Chef Hans-Peter Sachs ganz woanders: Die Geschäftsidee, ein weiteres Drive-in-Cafe an der B 279 einzurichten, war schnell geplatzt. Hatte der Bamberger Projektentwickler Peter Klappan das Bäck-Drive noch gelobt - "da muss ich nach Ebern kommen, um so eine tolle Idee zu finden" - entwickelte sich ein ähnliches Doppelprojekt in Bereichen der einstigen Tennishalle in Sandhof, die schon andere Mehrfachumnutzungen erfuhr, als Rohrkrepierer: "Nicht einmal die Hälfte des prognostizierten Umsatzes wurde erreicht", hat Rechtsanwalt Gerald Rohé aus den Bilanzen herausgelesen. Die Zinslast der sechsstelligen Euro-Investitionen erdrückte die gesamte Firma. Eine in Ebern vertretene Bank ist mit Abstand der größte Gläubiger. "Lieferantenforderungen gibt es so gut wie keine, der Laden wurde ordentlich geführt", meint Gerald Rohé. 2008 gekauft und aufwändig umgebaut, stand das Bäck-am-Eck seit 2012 leer. "Das hat sich nie getragen", meint der Rechtsanwalt trotz des damals eigens eingebauten Kundenaufzugs. Und auch Hans-Peter Sachs gesteht diese Fehleinschätzung ein: "Das war nicht mehr zu halten."
Risiko eingehen
Für Heike Drescher-Ursin, die Obermeisterin der Bäcker-Innung Schweinfurt-Haßberge, ist es bedauerlich, wenn ein Geschäftsmodell nicht so funktioniert wie gedacht. "Eigentlich ist es gut, wenn jemand das Risiko auf sich nimmt und investiert", sagt sie. Das traue sich nicht jeder. Wenn es dann schief geht, hängt das oft von vielen Gründen ab, findet sie. "Man kann nicht generell sagen, den Bäckern geht es gut oder schlecht", erklärt sie. Da müsse man jeden einzelnen Betrieb differenziert betrachten. Dass man sich beim Expandieren übernehmen kann, sei den meisten Unternehmern natürlich bewusst. Aber manchmal kann es auch schnell gehen. So könne es ein, dass ein wichtiger Kunde wegbricht. Langfristige Verträge mit Kunden, um eine gewisse Sicherheit zu haben, gebe es nicht. Da werde geschaut: "Wo kann ich sparen? Und schon bist du draußen", sagt Drescher-Ursin über die Praxis bei der Vergabe von Aufträgen etwa an Schulen oder ähnlichen Einrichtungen.
"Exorbitante Summen"
Wenn dann zum Beispiel eine neue Filiale abzubezahlen ist, erdrücken einen die Schulden im Nu - laut Drescher-Ursin nehmen manche kleinere Bäcker "teilweise exorbitante Summen" auf sich, und wenn sie die Kredite nicht mehr bedienen können, wird es brenzlig.
Rohé sieht für die Zukunft des Bäckerei-Betriebs, wo auch Sachs‘ Ehefrau und Mutter noch tatkräftig mit zupacken, mehrere Optionen: "Fürs Bäck-am-Eck in der Carl-Benz-Straße gibt es zwar mehrere Interessenten, aber deren Angebote liegen über der Schmerzgrenze der Bank. Der Standort an der Gymnasiumsstraße ist super, lässt sich weiterführen oder aber mit Sicherheit verkaufen." Unklar sei der Fortbestand der Backstube in der Kapellenstraße. Dort gibt es aber nach Informationen unserer Zeitung Expansionsgedanken des Diakonischen Werkes Bamberg, das das benachbarte Seniorenzentrum in der Innenstadt erweitern möchte.
In dritter Generation geführt
In der Geschäftsentwicklung der traditionsreichen Bäckerei, die in dritter Generation geführt, selbst einen Delta-Markt in Ebern leitete, spielt sicherlich auch die Konkurrenz durch auswärtige Mitbewerber, die mit den Supermärkten ins Stadt- und Gewerbegebiet kamen, wie auch der Verlust des Pausenverkaufs wie zuletzt in der Realschule eine Rolle.
"Es ist sehr schade, wenn eine alteingesessene Bäckerei Insolvenz anmelden muss. Eine Bäckerei, die mit innovativen Konzepten versucht hat, sich zu behaupten, wie mit dem Bäck Drive. Das hat gut funktioniert, leider hat die weitere Investition in der ehemaligen Tennishalle nicht so gegriffen, wie das geplant war", bewertet Bürgermeister Jürgen Hennemann (SPD) die Entwicklung, da sich in der Innenstadt weitere Geschäftsaufgaben abzeichnen.
Heimisches Handwerk stützen
"Ich bin zuversichtlich, dass die Bäckerei Sachs und das Konzept des Drive-in mit Bäckerei-Cafe, in Ebern Bestand haben wird", sagt der Bürgermeister. Und weiter: "Die Kunden möchte ich bestärken, zur Bäckerei Sachs zu stehen. Das gilt im Übrigen für alle Eberner Handwerker und Kleinbetriebe: Sie müssen etwas verkaufen, um überleben zu können. Deswegen fordere ich alle Bürgerinnen und Bürger auf, regional einzukaufen und die ortsansässigen Betriebe damit zu unterstützen. Wo wir als Stadt unterstützen können, machen wir das, um das Gewerbe in Ebern am Leben zu halten", so der Bürgermeister.