Aus dem Dutzend wurde eins
Autor: Johannes Schlereth
Burkardroth, Dienstag, 15. März 2022
Gebietsreform Galgen, derbe Sprüche und Wahlboykott - als der Markt Burkardroth entstand, kochten die Gemüter in den zwölf Orten über. Die Kommune möchte heuer das 50-jährige Bestehen feiern. Ist aus dem zusammengewürfelten Haufen eine Einheit geworden?
Im September soll die Feier starten - 50 Jahre Marktgemeinde Burkardroth heißt es dann. Aber: Auf den ersten Blick scheint es, als sei die Zeit dafür noch nicht gekommen. Denn die Kommune am Fuß der Schwarzen Berge ist in ihrer jetzigen Form erst seit 1978 auf dem Papier eins. Damals waren der Gebietsreform jahrelange Streitereien und interne Heimtücke, Gerichtsverfahren und finanzielle Not voraus gegangen. Ist es Zeit, für einen Blick zurück?"Wir feiern definitiv die 50 Jahre Markt Burkardroth. Der wurde ja schließlich - wenn auch nicht in der heutigen Form - 1972 aus der Taufe gehoben", sagt Daniel Wehner (CSU), Bürgermeister der zwölf Ortsteile. Dass Premich und Stangenroth erst später im Frühjahr 1978 hinzugekommen sind, ändere daran nichts.
Perspektiven sahen schlecht aus
Die Sterne standen damals nicht gut für das junge Konstrukt der Großgemeinde. "Der ,zusammengewürfelte Haufen' hat sich restlos auseinandergerauft. Intrigenspiele tun das Übrige. Ein zerstrittener Gemeinderat tat das Seinige", titelte die Saale-Zeitung damals nach der Gebietsreform. Premich wehrte sich so vehement gegen die Eingemeindung, dass der Ort sogar eine Klage gegen die Gebietsreform beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof anstrebte. Allerdings besannen sich die Premicher und nahmen nach mehrjährigem Kampf im Jahr 1978 die Ankopplung an Burkardroth letztlich hin.
Anders verlief die Gebietsreform in Stangenroth. Bis auf zwei Personen boykottierte das gesamte Dorf sogar die Kommunalwahl 1978. "Als Folge hat dann ein Musiker-Zug die Wahlurne nach Burkardroth gebracht, sie durfte wegen des Wahlrechts so nicht in Stangenroth ausgezählt werden", sagt Otmar Zehnter, der damals als Rektor in Burkardroth war. Und das, obwohl bereits absehbar war, dass der Kampf um Unabhängigkeit aussichtslos war. Otmar Zehnter erinnert sich daran, dass der 2. Bürgermeister aus Stangenroth - Erich Metz - sogar vor der Wahl mit der Frage auf ihn zugekommen war, wie sich eine Wahl sabotieren lässt.
Glücklich mit der Zwangsehe scheinen nur wenige Kommunalpolitiker gewesen zu sein. "Wollbach war zunächst stark dagegen, aber sie haben sich im letzten Moment anders besonnen." Auch in Zahlbach gab es Kritik. "Das war damals mit der reichste Ortsteil. Das Sägewerk hat dort einen großen Teil zur Gewerbesteuer von Zahlbach beigetragen", ergänzt Zehnter.
1979 stellte der Marktgemeinderat sogar einstimmig den Antrag ans Innenministerium, die Gebietsreform im Markt Burkardroth als Härtefall zu prüfen. Ziel war die Aufhebung der Gebietsreform. Im Juli 1979 machte der damalige bayerische Staatsminister Gerold Tandler persönlich den Rebellen klar, dass es keine Korrektur der Gebietsreform geben werde.