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Auf drei Standbeinen durch die Krise


Autor: Redaktion

Kosbach, Donnerstag, 23. April 2020

Die Kosbacher Fischerei Oberle setzt neben der Gastronomie auf die Fischzucht und neuerdings auf eine kleine Bierbrauerei.
Christoph Oberle kümmert sich um seine Karpfen. Fotos: Udo Greiner


Die Corona-Pandemie macht auch vor Betrieben nicht Halt, die ihre Wurzeln bis auf die Zeit nach dem 30-jährigen Krieg zurückführen können. Das gilt insbesondere für die Fischerei Oberle in Kosbach. Vor 370 Jahren gegründet, fußt das Unternehmen heute auf drei Pfeilern: der Fischzucht, der Gastronomie und der Brauerei.

In der jüngeren Geschichte ist der Betrieb untrennbar verbunden mit dem 2015 verstorbenen Paul Oberle und seiner Frau Theresa, die heute noch als guter Geist des Hauses manche Aufgaben bewältigt. Der gelernte Fischzuchtmeister, Sohn eines Apothekers, stammte durch seine Mutter aus der Nützel-Familie und übernahm 1961 deren, durch die vorherigen Pächter abgewirtschafteten Hof in Kosbach. Diesen baute er zusammen mit seiner Frau in harter Pionierarbeit wieder auf, verpachtete die Äcker des einst landwirtschaftlich geprägten Hofes, vergab die ungenutzten Stallungen an den Reitclub und spezialisierte sich erfolgreich auf die Teichwirtschaft mit Satzfischzucht. 1973 erwarb er dafür die 40 Hektar großen Teiche am Schloss Seehof bei Bamberg.

Auch ein Großbrand 1994, bei dem ein Teil der Scheune und der ehemalige Stallbau zerstört wurden, konnte den Aufbau des Betriebs nicht stoppen. Im Gegenteil: Die gelungene Restaurierung der denkmalgeschützten Hofgebäude führte zum zweiten Standbein, dem Gastronomiebetrieb "Die Fischerei". Dieser wurde im Jahr 2000, als Sohn Christoph (56) und seine Frau Ulrike (49) den Familienbetrieb übernahmen, eröffnet.

Speisen zum Abholen

180 Plätze stehen für Feste und Feiern bereit. Die Gäste durften in der Corona-freien Zeit in der umfangreichen Speisekarte von gehobenem Niveau schwelgen - am Herd steht seit Beginn federführend Michael Manina, aufgewachsen im Fürther Gourmetrestaurant "Kupferpfanne". Derzeit geschlossen, bietet die Gaststätte an den Wochenende eine kleine Speiseauswahl zum Mitnehmen an. Seit Anfang April ist zudem Kurzarbeit angesagt.

100 Hektar Wasserfläche

Teichwirt und Agraringenieur Christoph Oberle ("Der Karpfen reinigt die Umwelt und ist ein Naturprodukt, wie es nichts Besseres gibt") gibt Auskunft über die drei Jahre, die ein Karpfen vom Setzling bis zum fertigen Schlemmerprodukt durchlebt. Er bewirtschaftet heute insgesamt 40 Teiche mit 100 Hektar Wasserfläche und liefert neben Karpfen unter anderem auch Hechte, Schleien, Zander, Welse, Barsche, Aale, Waller und Zwergwelse zu Gastronomen nicht nur in der Region, sondern zum Beispiel auch nach München wie etwa zum Augustiner-Klosterwirt oder zum Pschorr am Viktualienmarkt. Die Corona-Krise sorgt auch hier für enorme Einschnitte: Bestellungen wurden storniert, mehrere Tonnen Fisch finden keine Abnehmer mehr.

Das Hauptaugenmerk gilt der Satzfischzucht, das heißt Oberle zieht in seinem Bruthaus und in den Teichen die Fische groß, damit sie den Hof lebend verlassen, um in anderen Gewässern weiter zu existieren. Oberle: "Die Fische laichen zumeist im Bruthaus ab, wobei die Bürsten in den Laichbecken das natürliche Ufer simulieren. Die kleinen Karpfen schlüpfen etwa vier Tage nach dem Ablaichen aus dem Ei, müssen aber vor dem Besetzen in der Natur die Schwimmblase füllen und damit erst schwimmen lernen. Das dauert etwa zwei Tage. Anschließend werden die Fische im vorbereiteten Vorstreckteich ausgesetzt."

Die Teichwirtschaft kennt zwei Erntezeiten. Im Frühjahr, vornehmlich im April, werden die Setzlinge und die Brut für den Besatz in Teichwirtschaften abgefischt. Im Herbst, ab Ende September, werden die Gewässer der Kunden - etwa 120 Fischereiverbände und Anglervereine im gesamten Bundesgebiet und aus Österreich - mit insgesamt 80 Tonnen Fisch besetzt. Oberle: "Das ist dafür die richtige Zeit, weil der Fisch mit vollen Energiereserven aus dem Sommer alle Besatzstrapazen mühelos wegsteckt." Die Fische werden schonend in den Teichen abgefischt, sortiert und dann möglichst schnell und ohne lange Hälterung im Spezialfahrzeug zum Kunden transportiert. In Seehof hat Oberle - selbst Vorsitzender des Fischerzeugerrings Franken - im Jahr 2003 eine 60 Meter lange isolierte Fischhälterhalle errichtet, in der selbst starker Frost den Fischen nichts anhaben kann.

An Ostern 2018 hat die nächste Generation, Peter Oberle, in einer 70 Quadratmeter großen ehemaligen Scheune die "Hofbräu Oberle" in Betrieb genommen. 25 Jahre ist er jung - und hat aus einem anfänglichen Hobby, von seinen Eltern finanziell angeschoben, das professionelle Gewerbe entwickelt. Der gelernte Koch hat mit anfangs 25 Litern und einem Waschkessel experimentiert und sich nach und nach das notwendige Rüstzeug angeeignet. Der Träger des Staatspreises als einst bester Absolvent der Berufsschule in Höchstadt organisierte bei einer Brauerei-Messe die notwendige neue Einrichtung - unter anderem einen Kochkessel sowie Maische- und Läuterbottich - und baute diese mit Hilfe zweier Freunde und einem Siemens-Steuersystem fachgerecht zusammen.

Drei Sorten plus Spezialitäten

Pro Sud fließen jetzt fünf Hektoliter in zehn 50-Liter-Fässer. Drei Basissorten werden gebraut: ein halb-dunkles Landbier, ein helles "Sommerspritzer" und ein Hefeweizen mit jeweils 5,0 Prozent Alkohol. Dazu kommt eine saisonale Spezialität wie etwa ein Bock. 300 Hektoliter sollen jährlich aus den Bottichen fließen, überwacht vom Brauer David Achatz (37), gebürtiger Bayreuther mit Ausbildung beim Erlanger Kollegen Steinbach. Dass von Peter Oberle in Zukunft noch einiges an Innovationen zu erwarten ist, zeigt sein Studium zum Lebensmittelmanager im Bereich Fischzucht im Bildungszentrum Triesdorf, wo er sich im sechsten von sieben Semestern befindet. Am Ende steht der akademische Hochschulabschluss Bachelor of Science. Der wird ihn begleiten, wenn er in der 13. Generation einmal die Nachfolge in der 370 Jahre währenden Oberle-Dynastie übernehmen wird.

Wobei die Oberles noch in anderer Hinsicht im Zentrum des Karpfens stehen: Martin Oberle, Bruder von Christoph, ist Chef der Außenstelle für Karpfenteichwirtschaft in Höchstadt/Aisch, die zum Institut für Fischerei der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft gehört. Er blickt insbesondere auf den Aischgrund, die Herzkammer des bayerischen Karpfen, wo auf einer 2800 Hektar großen Teichfläche von 1200 meist Nebenerwerbs-Teichwirten der Spiegelkarpfen erzeugt wird.