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Auf der Suche nach einer Bleibe


Autor: Andreas Lösch

Hofheim i. UFr., Freitag, 03. März 2017

Wenn anerkannte Flüchtlinge im Kreis Haßberge auf Wohnungssuche gehen, gibt es Hürden zu überwinden: Sprachbarriere, mögliche gesellschaftliche Vorbehalte, eigene unrealistische Vorstellungen auch. Wie geht es voran?
Regine Leisner, Mohamad Mazenzaitun, Katrin Lindner, Abdullah Alhajji und Kerstin Brückner (von links) unterwegs in Hofheim, hier nur symbolisch auf Wohnungssuche, für das Foto mit dem Fränkischen Tag  Foto: Andreas Lösch


Andreas Lösch

Aller Anfang ist schwer. Hat ein Asylbewerber das Asylverfahren durchlaufen und einen positiven Bescheid bekommen, darf er laut "Bundesamt für Migration und Flüchtlinge" (Bamf) "uneingeschränkt als Beschäftigter arbeiten und auch einer selbstständigen Tätigkeit nachgehen". Er ist damit einen großen Schritt weiter, oft wird ein Familiennachzug ermöglicht, da die Chancen anerkannter Flüchtlinge auf eine gesamtgesellschaftliche Integration nun höher sind und ihnen laut Bamf eine hohe Eigenmotivation bescheinigt wird, diese Herausforderung zu schaffen.
Doch wie gelingt das? Es gibt immer noch viele Hürden zu überwinden für diese Menschen: Wohnungs- und Arbeitssuche, Aufbau sozialer Strukturen innerhalb der Gesellschaft (und damit gegenseitige Vorbehalte und Ängste abbauen) und vieles mehr. Alleine ist das kaum zu schaffen. In Hofheim hat der Fränkische Tag mit Kerstin Brückner gesprochen. Sie ist seit August 2016 hauptberufliche Asylkoordinatorin der Hofheimer Allianz.


Arbeit, Wohnen, Mobilität

Dort arbeitet sie eng mit dem ehrenamtlich organisierten Verein "Freundeskreis Asyl Hofheim" zusammen. Brückners Hauptaugenmerk liegt dabei auf den Gebieten Arbeit, Wohnen und Mobilität für Asylbewerber mit langfristiger Bleibeperspektive.
Jetzt, wo die Zeit der großen Zuweisungen von Flüchtlingen in die Gemeinschafts- und dezentralen Unterkünfte an die Kommunen aus den Jahren 2015 und 2016 vorüber ist, hat die nächste Phase begonnen: Etliche der damals hier angekommenen Ausländer wissen nun, dass sie hier bleiben können, und suchen nach einem Platz in der Gesellschaft. Und sie suchen Wohnungen.
Die meisten von ihnen seien Syrer, erklärt Brückner. Sie hätten allgemein "eine sehr gute Bleibeperspektive". Dass damals das Landratsamt in Haßfurt auf eine dezentrale Unterbringung der Asylbewerber gesetzt hat, lobt Brückner: Dies zahle sich jetzt aus, Asylhelferkreise wie der in Hofheim, aber auch in anderen Städten und Gemeinden hätten frühzeitig Kontakte und direkte Beziehungen zu den Flüchtlingen aufbauen können..


Mietverträge laufen aus

Nachdem nun die Mietverträge auslaufen, "müssen die Leute selbst Wohnungen suchen", sagt Brückner. Im Raum Hofheim gebe es zwar einige freie Wohnungen, aber nicht immer gelinge eine Vermittlung: Zum einen gebe es auch Vorbehalte durch Vermieter. Allerdings sieht Regine Leisner, die dem Vorstand des Freundeskreises Asyl Hofheim angehört, das nicht als großes Problem an: "Diese Vorbehalte schmelzen wie Butter in der Sonne, wenn man sich mal trifft und unterhält", sagt sie. Die Erfahrung zeige, dass sich die Bewohner vor Ort schnell öffnen, wenn sie merken, dass sie es mit aufgeschlossenen, freundlichen Menschen zu tun haben.
Dieses Eis zu brechen, haben sich die Helfer des Freundeskreises auch zur Aufgabe gemacht. Und es gelingt. Katrin Lindner etwa, die dem Asyl-Helferkreis angehört, wohnt mit ihrer Familie in Kleinsteinach (Gemeinde Riedbach). Sie hat dem 23-jährigen Syrer Mohamad Mazenzaitun im Ort eine Wohnung vermittelt. Von dort aus fährt er regelmäßig mit dem Bus nach Haßfurt, wo er das Berufsintegrationsjahr absolviert. In Kleinsteinach hat er auch schon erste soziale Kontakte geknüpft.
Gute Erfahrungen mit syrischen Mietern hat Beate Pechmann gemacht, sie vermietet in der Hofheimer Innenstadt eine Wohnung. "Sie haben mich angesprochen, es ist eine syrische Familie mit drei Kindern", sagt sie. "Sie waren mir sofort sympathisch." Mittlerweile unterstütze man sich gegenseitig, sie hilft der Familie, etwa wenn sie Fragen zu Behörden hat. Die 15-jährige Tochter des syrischen Ehepaares macht auch mal Babysitter für Pechmanns sechsjährigen Sohn.
"Es gibt einige, die von vornherein aktiv auf Integration setzen", erklärt Brückner. "Für solche tun sich die Türen schneller auf." Deswegen nimmt der Freundeskreis die Flüchtlinge auch in die Pflicht, führt sie an die Gesellschaft heran, erklärt ihnen Abläufe und Gepflogenheiten. "Das Wichtigste ist zu lernen, wie unser System funktioniert", erklärt Regine Leisner. "Für uns ist vieles selbstverständlich, wir kennen die Abläufe."
Auch Abdullah Alhajji aus Syrien hat eine Wohnung gefunden, aber er wird bald auf der Suche nach einer neuen, größeren sein: Seine Familie darf in diesem Jahr nach Deutschland reisen, seine Frau und drei Kinder sind derzeit noch in Jordanien. Seit 2015 hat er sie nicht mehr gesehen, jetzt kommen sie endlich wieder zusammen. Doch gerade Wohnungen für fünf Personen "sind am meisten gesucht", so Kerstin Brückner. Von den derzeit etwa insgesamt 160 Flüchtlingen in der Hofheimer Allianz (anerkannte und nicht anerkannte) leben etwa 40 schon in privat angemieteten Wohnungen, teilt Brückner mit. "Eine gute Zahl." Aber die Allianz sucht weiter und hofft auch auf Vermieter, die sich mit dem Freundeskreis und der Asylkoordinatorin in Verbindung setzen, Telefon 09523/5033725.


Landkreisweite Wohnungssuche

Auch in anderen Kommunen sind Asyl-Helferkreise aktiv, suchen nach Wohnungen für anerkannte Flüchtlinge. Die Helfkerkreise sind gut vernetzt, tauschen sich untereinander aus. Der Landkreis selbst sucht über Karina Hauck und Andrea Eisenbach von der Migrationsberatungsstelle für erwachsene Zuwanderer (MBE) des Kreisverbandes Haßberge im Bayerischen Roten Kreuz nach Wohnungen. Die Migrationsberaterinnen des Roten Kreuzes helfen den Flüchtlingen bei der Wohnungssuche und vermitteln zwischen Mieter und Vermieter, Telefon 09521/9550252 oder 09521/9550191.
Im Landkreis gibt es 398 Leistungsempfänger nach dem Asylbewerberleistungsgesetz, für die das Landratsamt in Haßfurt zuständig ist, die Anzahl der vom Jobcenter betreuten leistungsberechtigten Personen ist 359 (Stand jeweils Janaur 2017). Die Zahl der anerkannten Flüchtlinge, die einen selbst beschafften Wohnraum haben, liegt bei rund 350.