Auf der Jagd nach fetter Beute
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Coburg, Donnerstag, 07. Oktober 2021
Selbstversuch Unser Sportredakteur Christoph Böger schwingt die Angelrute. Tipps bekommt er dabei von Holger Herold - einem von nur vier "Mastern" in Deutschland. Was die beiden unterschiedlichen Petri-Jäger dabei alles erleben.
Mein Angel-Abenteuer beginnt mit einem Fauxpas. Stolz bring ich ein mit glitschigen Regenwürmern prall gefülltes Nutella-Glas mit. Ganz frisch. Habe ich beim Spaziergang mit meinem Hund gesammelt. An diesem verregneten Mittwochmittag geht es schließlich um "fette Beute". Und mit Prachtwürmern - da bin ich mir sicher - gelingt bestimmt der große Wurf. Doch Pustekuchen! Diese dicken Dinger braucht Holger Herold gar nicht. Der 45-jährige Technische Sekretär an der Hochschule Coburg ist nämlich Fliegenfischer - einer der besten in ganz Deutschland.
Er hat sogar den Status "Master" - davon gibt es in Deutschland nur vier. In Bayern ist er der einzige. Als Fliegenfischer hat er schon eine deutsche Meisterschaft gewonnen, bei vielen internationalen Wettbewerben sorgte er für Furore. Längst hat sich der "Master Fly Casting Instructor" seinen Traum von der eigenen Fliegenfischerschule ("Easy Fly Fishing") erfüllt und gibt sein Wissen und Können an Interessierte weiter. Einer davon bin diesmal ich.
Mit Jeans und Turnschuhen bin ich völlig overdressed - schon mein zweiter Fehler. Holger gibt mir zwei beige Hosenbeine aus Gummi. Ich schlüpfe rein, die schwarzen Badeschuhe sind integriert. Darüber feste, wasserdichte Spezialschuhe - sie sehen aus wie Wanderstiefel. Dann darf ich seine 2,70 Meter lange und 63 Gramm leichte Angelrute präparieren. Die orange Schnur fädele ich durch sechs kleine Ösen. Jetzt geht's los.
Auf der Pirsch
Doch was ist Fliegenfischen überhaupt? "Wir warten nicht, bis der Fisch vorbeischwimmt. Wir suchen ihn", klärt Holger auf und watet langsam flussabwärts. Schon ist der Experte in seinem Element. Wir sind auf der Pirsch nach dem Fisch. Das Wasser der Steinach in Fürth am Berg geht mir längst über die Knie. Die Fische würden an der Wasseroberfläche irgendwann ringförmige Wellen auslösen, weil sie dort ihre Nahrung aufnehmen. "Manchmal sind sie so gierig auf ihre Beute, dass die Forellen oder Äschen sogar über die Oberfläche springen, um sich dann die Insekten zu schnappen", weiß der Profi-Jäger.
Einer schönen Fliege, die sich perfekt bewegt, können die wenigsten Fische widerstehen. Die kleinen Eintagsfliegen imitiert Herold mit detailgetreuen Nachbildungen. Der Scheuerfelder hat deshalb gleich drei Schachteln voll mit bunten Ködern mitgebracht. In liebevoller Handarbeit fertigt er aus Vogelfedern, Rehhaaren oder auch speziellen Hahn- und Entenfedern bemerkenswert echt aussehende Köder für seine Angelhaken. "Ich habe schon zig Fliegenimitationen gebunden. Für Kindergartenkinder eine tolle Übung. Gerade für die Motorik", schlägt er vor. Dann beobachtet Herold mit Argusaugen hinter seiner getönten Spezialbrille, mit der er bis auf den Grund schauen kann, genau das Treiben um uns herum. Damit wir von den Fischen nicht so leicht entdeckt werden, bewegen wir uns nämlich im Fluss. Angeblich ist meine Silhouette kleiner und wird daher weniger gut wahrgenommen. Ich wusste gar nicht, dass Fische so schlau sind?
Immer wieder vor- und zurückschwingen