Druckartikel: Auch in Reitsch blühte der Bergbau

Auch in Reitsch blühte der Bergbau


Autor: Gerd Fleischmann

Reitsch, Donnerstag, 16. Juli 2020

Vor 840 Jahren wurde der Stockheimer Ortsteil erstmals urkundlich erwähnt. 1980 zur 800-Jahr-Feier sah das Dorf einen großartigen Festzug mit 55 Gruppierungen. Derzeit wird Reitsch im Zuge einer einfachen Dorferneuerung verschönert.
Jahrhunderte prägte der Steinkohlebergbau Reitsch, der 1949 sein Ende fand. Das Bild zeigt die König-Ludwig-Zeche nach einem Gemälde von Lorenz Kaim im Jahre 1880.  Fotos/Repros: Gerd Fleischmann


Der an die 700 Einwohner zählende Stockheimer Ortsteil Reitsch - 1975 im Rahmen der kommunalen Gebietsreform in die Einheitsgemeinde integriert - blickt auf eine über 800-jährige Geschichte zurück. Während dieser Zeitspanne haben zahlreiche Generationen den Ort geprägt und Heimatliebe bewiesen. Aktuell findet seit 2019 in Reitsch die "einfache Dorferneuerung" statt.

Und so begann die Ortsgeschichte: Bischof Otto II. von Bamberg überträgt laut Urkunde vom 19. Juli 1180 an das Kloster Langheim unter anderem Richs, wie Reitsch einst genannt wurde. Bereits 1197 wird das Dorf zum zweiten Mal erwähnt. Der Kronacher Pfarrer Chunrad beklagte den Verlust des Zehnten, der mit Genehmigung des Bischofs Otto angeblich an Langheim übertragen wurde. 1323 wird auch ein Hain bei Reitsch genannt.

Bei dem Verkauf des "Eygen" Teuschnitz durch das Kloster Langheim - die Mönche hatten große Geldprobleme - an Bamberg im Jahr 1388 wurden ein Gut in Reitsch sowie eine Wustung im oberen Reitsch (Grün) erwähnt. Zwischen 1417 und 1647 stand dieser Ort im Schutz thüringischer Edelleute. Allerdings erwies sich der 1631 neu ausgestellte Schutzbrief als Reinfall, denn als 1632 die Schweden in Kronach unverrichteter Dinge abzogen, verschonten sie beim Rückzug auch Reitsch nicht.

1949 kam das Aus

Große Bedeutung nahm der Steinkohlebergbau ein, der urkundlich gesehen immerhin bis 1582 zurückreicht. Vor allem aus Hesselbach und Wilhelmsthal waren einst zahlreiche Knappen in Reitsch beschäftigt. Nach dem Ersten Weltkrieg arbeiteten zeitweise mehr als 300 Bergleute aus 33 Gemeinden der Bezirksämter Teuschnitz und Kronach in der König-Ludwig-Zeche (früher Büttnerszeche). Allerdings erinnert heute nur noch wenig daran, dass einst am Grünbach östlich von Reitsch ein blühender Bergbau mit einer sehr wechselvollen Geschichte bestand. Nach dem Zweiten Weltkrieg kam 1949 das endgültige Aus für den Kohlenabbau.

Die Geschichte der Schule Reitsch beginnt offiziell im Jahr 1841. Das Gemeindehaus diente als erste Unterkunft. Von 1872 bis 1912 waren dann die Schüler im "Nüsslein-Haus" untergebracht. Weitere Schulhausbauten folgten am 4. November 1912 und zuletzt am 6. November 1966. Schulreform und Raumplanung erforderten nach dem Zweiten Weltkrieg ein hohes Maß an Engagement im Ringen um eine optimale Lösung bei der Neuordnung der schulischen Verhältnisse im unteren Haßlachtal. Bemerkenswerte Vorarbeit dafür leisteten die beiden damaligen Bürgermeister Georg Wolf (Reitsch) und Franz Detsch (Haßlach).

Einen hohen Stellenwert nimmt die kirchliche Entwicklung ein. 1894 entstand auf dem ehemaligen Gänseanger die schmucke Marienkapelle. 1952/1953 folgte dann der Bau der Heilig-Kreuz-Kirche, die durch Erzbischof Josef Otto Kolb eingeweiht wurde. Zu einem weiteren bedeutenden Ereignis gestaltete sich 1971 die Weihe der erweiterten und völlig erneuerten Heilig-Kreuz-Kirche. Die Konsekration erfolgte durch Weihbischof Martin Wiesend, der vor allem die beachtliche Opferbereitschaft der Reitscher würdigte.

Einer der ganz großen Höhepunkte der Dorfgemeinschaft war 1980 die 800-Jahr-Feier unter der Schirmherrschaft von Bürgermeister Michael Lang mit einem historischen Festzug, den der bayerische Staatssekretär Franz Neubauer anführte. Dreißig historische Gruppen sowie fünfundzwanzig Vereinsabordnungen aus der Gesamtgemeinde Stockheim defilierten an den Besuchern vorüber. Mit dabei die Bergmannskapelle Stockheim sowie die Musikvereine Glosberg und Windheim, die für die musikalische Begleitung sorgten. Stockheims Ortsheimatpfleger Gerd Fleischmann verfasste zum Jubiläum eine 96-seitige Festschrift.

Mit den Mönchen voran

Die Reitscher Dorfgemeinschaft demonstrierte vor 40 Jahren mit großer Begeisterung ihre reiche Geschichte, die urkundlich bis in das Jahr 1180 zurückreicht. Jeder Wagen, jede Gruppe bildete eine Attraktion für sich. Zu Beginn des Festzuges waren das schmucke Gemeindewappen, die Mönche vom Kloster Langheim - auf deren Initiative geht die Dorfgründung zurück - sowie die Dorfschultheißen zu sehen. An die zweitausend Besucher zeigten sich begeistert von den Darbietungen der dörflichen Historie.