Druckartikel: Auch ein Kampf gegen Vorurteile

Auch ein Kampf gegen Vorurteile


Autor: Heike Schülein

Kronach, Mittwoch, 24. Februar 2016

Die Klasse 9 b der Realschule 1 hat eine Präsentation zum Thema "Flucht & Asyl - eine Herausforderung für Deutschland und den Landkreis Kronach" erarbeitet.
Pauline Engel, Luca Arbogast, Lea Biesenecker und Ronja Ehrhardt (von links) präsentierten ihre Recherchen zur Thematik "Der Weg einer Flucht".  Fotos: Heike Schülein


Job ist 19 Jahre alt. Vor eineinhalb Jahren verließ der junge Senegalese seine Heimat, ohne Familie. Seine Flucht begann mit dem Auto, dann stieg er in ein Boot. "Das Schlimmste für mich war, als auf der Bootsüberfahrt von Libyen nach Italien 50 andere Flüchtlinge starben", erinnert er sich.
Vom Senegal nach Libyen war er zehn Tage unterwegs. Nach zwei Monaten in einem Flüchtlingslager konnte er mit dem Boot Richtung Italien weiterreisen. Nach weiteren zehn Monaten ging es weiter nach Österreich und schließlich mit dem Bus nach Deutschland. Vor vier Monaten kam der 19-Jährige in Kronach an, wo er im "Stuwwelpeter" untergebracht ist.
Job ist einer von mehreren Interviewpartnern, die den Neuntklässlern der Maximilian-von-Welsch-Realschule bei ihrer fächerübergreifenden Projektpräsentation "Flucht & Asyl - eine Herausforderung für Deutschland und den Landkreis Kronach" Rede und Antwort standen.


Sehr gut recherchiert

Am Dienstagabend präsentierten die Arbeitsgruppen die Ergebnisse der Recherche. Der Einladung gefolgt waren neben den Eltern auch die im Landkreis untergebrachten Flüchtlinge. "Das Thema wurde von den Schülern selbst ausgewählt", erklärte Lehrerin Julia Schneider, die sich sehr angetan von den gut recherchierten Arbeiten zeigte. Den spannenden Präsentationen merkte man die viele Arbeit an, die dahintersteckte. Dabei war insbesondere der regionale Bezug spannend, dem die Teams einen großen Stellenwert einräumten.
Das konkrete Beispiel von Job griffen Luca Arbogast, Lea Biesenecker, Ronja Ehrhardt und Pauline Engel auf. Wie sie ausführten, seien die Nachforschungen für sie sehr interessant gewesen. Sie stellten Transportmittel, Kosten, Hindernisse und Routen vor. Der Weg übers Meer sei der schnellste, aber auch der gefährlichste. Schlimm war für das Quartett, dass seit 2000 mindestens 23 000 Menschen auf der Flucht ums Leben kamen. Sehr überraschend waren für sie die hohen Kosten zwischen 10 000 und 15 000 Euro.
"Flüchtlinge leiden unter Hunger, Müdigkeit, Hitze, Kälte, der Enge, mangelnder Hygiene, Verzweiflung, Gewalt und Angst. Flucht stellt für sie sowohl psychisch als auch physisch eine extreme Belastung dar", erklärten die Neuntklässler. Durch die Recherchen habe sich, so Lea, ihr Blick auf die Thematik schon etwas geändert und sie sehe jetzt auch die Berichte in den Medien teilweise mit anderen Augen.


"Das finde ich schlimm"

"Eine andere Gruppe hat einen jungen Flüchtling interviewt. Er hat ihnen erzählt, dass er bei uns in einem Fitnesscenter wegen seiner Hautfarbe abgelehnt wurde. Das finde ich schlimm", sagte Ronja. "Es gibt viele Vorurteile gegen die Flüchtlinge. Dabei gibt es überall solche und solche Menschen, auch bei uns in Deutschland. Das hat nichts mit der Hautfarbe oder Herkunft zu tun", schloss sich ihr Pauline an. Ihre Interviewpartner seien sehr nett, offen und gastfreundlich gewesen. Allerdings sei es im Vorfeld nicht einfach gewesen, Gesprächspartner zu finden. Viele hätten mit ihrer Geschichte nicht an die Öffentlichkeit gewollt. Die Gespräche seien dann in einer lockeren, freundschaftlichen Atmosphäre erfolgt. Obwohl die afrikanische und die deutsche Kultur sehr unterschiedlich seien, gefalle es Job in Kronach. Er möchte gerne als Koch arbeiten.
Die Gäste, darunter auch Schulleiterin Christa Bänisch, bedachten die durchwegs gelungenen Arbeiten mit viel Beifall.