Appartementhotel - 100 % CO 2 -neutral
Autor: Christiane Lehmann
Coburg, Mittwoch, 16. Sept. 2020
Karin und Alexander Engelhardt haben ihr denkmalgeschütztes Haus klimaneutral umgebaut. Neben ihrem Wohnbereich und der Werkstatt wurden sechs Appartements untergebracht, in denen Manager auf Zeit wohnen.
Das Haus Steintor 10 wirkt unscheinbar. Was sich aber hinter der Haustür aus dem Jahr 1870 verbirgt, lässt seine Gäste und Besucher staunen. Der dunkle Gang mit dem Original-Steinboden und der alten Holz-Lamperie führt in den etwas höher gelegenen kleinen Garten. Dort sitzen schon Alexander und Karin Engelhardt beim Eistee. Kurze Auszeit genießen.
"Wir fühlen uns hier so wohl", sagt die Hausherrin. Stolz schwingt mit, denn die Engelhardts haben es in der langen Renovierungsphase von fast zehn Jahren geschafft, das denkmalgeschützte Gebäude klimaneutral zu betreiben.
"Ab 1. Oktober ist das letzte CO2-Schlupfloch gestopft", freut sich Alexander Engelhardt. Der Energieverbrauch für Wohnungsstrom, Heizung und Allgemeinstrom wurde schon seit einigen Jahren CO2-frei abgedeckt - dank der Photovoltaik-Anlage auf dem Dach und einer thermischen Solaranlage an der südlichen Hauswand. Jetzt kommt auch das Warmwasser klimaneutral aus dem Hahn.
So gut wie möglich erhalten
Das verwinkelte Gebäude besteht aus drei Bereichen. In dem vorderen, zur Straße gewandten, befindet sich das Appartementhotel mit sechs Einheiten, in dem vorwiegend Manager aus Coburger Unternehmen auf Zeit wohnen. Im mittleren Teil leben die Engelhardts selbst und im hinteren ist eine Werkstatt untergebracht.
"Wir wollten alles so gut wie möglich erhalten", erzählt Karin Engelhardt. Deshalb wurde das Haus zunächst entkernt, das Fachwerk frei gelegt, die Wände mit Schilfmatten und Lehm geputzt. Alte Holzdielen, Steinböden und Türen wurden erhalten.
Irgendwann stellte sich dann die Frage nach der Heizung. "Wir waren schon immer grün und öko." Karin Engelhardt lacht. Und ihr Mann sei ein "alter Solarbauer". (Er hat fünf Jahre Solaranlagen für eine Firma eingebaut). Was lag also näher, als sich für alternative Energien zu entscheiden. Alexander Engelhardt war es, der eine Infrarot-Heizung in Betracht zog. "Die funktioniert wie die Sonne", erklärt er. Sie strahlt ihre Wärme von oben ab. Und so wurden in jedem Zimmer Infrarot-Matten an der Decke angebracht. Den Strom (24 Volt) dafür liefern die Photovoltaikanlage und die Solaranlage. Geschätzte Kosten für die Infrarotheizung: 8000 Euro, sagt Alexander Engelhardt. Sie bildet das Kernstück für das ehrgeizige Projekt, das Haus klimaneutral zu betreiben. "Anfangs hatten wir daran überhaupt nicht gedacht!"
Es sei das besondere Raumklima, das die beiden und auch ihre Gäste schätzen. Dadurch, dass die Wärme sich gleichmäßig im Zimmer verteilt, Wände und Böden mit wärmt, habe man auch immer das Gefühl, das es wärmer ist als der Temperaturregler anzeigt. 22 Grad ist die Grundtemperatur in jedem Raum, kann aber individuell gesteuert werden. "Seit wir die Heizung installiert haben, gibt es keinen einzigen Schimmelfleck mehr", freut sich Karin Engelhardt. Sie steht auf und geht in die Küche. Aus dem Holzbackofen zieht sie ein Blech mit frisch gebackenen Brötchen. Im Sommer nutzt sie den eher selten - "das wird zu warm" - aber im Winter ist er viel im Gebrauch.
Neueste Anschaffung der Engelhardts sind zwei Tanks, in denen sie 2000 Liter Regenwasser aus den Rinnen sammeln, um ihren Garten gießen zu können. "Die Welt können wir nicht retten", sagt Karin Engelhardt. "Aber unseren Beitrag dazu leisten."