Anlaufstellen zeigen Gesicht
Autor: Jutta Behr-Groh
Bamberg, Donnerstag, 04. Februar 2016
Am 8. März stellen sich vier Einrichtungen vor, die dafür kämpfen, dass Frauen und Kinder ohne Gewalt leben können. Durch die Vorfälle in Köln hat ihre Aktion zusätzliche Aktualität und Brisanz erhalten.
Jutta Behr-Groh
Frauen seien viel stärker, als sie es oft selbst glauben. Sie seien auch keineswegs hilflos, wenn es darum geht, sich gegen verbale und handfeste Attacken zu wehren. Und es gibt auch in Bamberg Ansprechpartnerinnen, bei denen sie sich Rat und Unterstützung holen können.
Das ist die zentrale Botschaft, mit der sich Frauen aus vier Einrichtungen jetzt zu Wort melden. Schon vor den Vorfällen in der Silvesternacht in Köln planten sie, am 8. März gemeinsam auf die Straße beziehungsweise in die Fußgängerzone zu gehen. Sie: Das sind Ursula Weidig, die Leiterin des Frauenhauses, Marlies Fischer und Ute Staufer, Beraterinnen vom Notruf bei sexualisierter Gewalt (Träger ist jeweils der Sozialdienst katholischer Frauen), Heike Steinbach von der Beratungsstelle der Bamberger Polizei für Frauen und Kinder sowie die WenDo-Trainerin Ille Bintig (WenDo ist eine Art Mut-Mach-Programm für Frauen und
Mädchen).
Was zur Jahreswende vor dem Kölner Dom passiert ist, gibt der lange geplanten Aktion zum Internationalen Frauentag zusätzliche Aktualität. Vergleichbare Vorfälle aus Bamberg sind den genannten Ansprechpartnerinnen bisher zwar nicht bekannt geworden. Dass sich Frauen mit Gruppen von Männern konfrontiert sehen, deren Absichten schwer einzuschätzen sind, sei aber auch in der Domstadt gang und gäbe, sagt Bintig. Der ZOB und die Sandstraße seien nachts solche Orte; das höre sie immer wieder von Kursteilnehmerinnen.
Sie wollten nicht jedem Mann Böses unterstellen. Diese Feststellung ist den Frauen wichtig, die am 8. März an den Infoständen Rede und Antwort stehen werden. Zugleich rücken sie das Bild zurecht, das die Medien nach den Kölner Übergriffen durch nordafrikanische Männer auf Frauen gezeichnet haben. Gewalt gegen Frauen sei nicht von der Hautfarbe der Männer abhängig.
Man finde sie in allen sozialen Schichten, in allen Altersgruppen, in allen Ethnien und Kulturen. Bundesweiten Statistiken zufolge kommen 85 Prozent aller Täter aus dem sozialen Umfeld. Diese Zahl bestätigen die Notruf-Beraterinnen und die Frauenhaus-Leiterin aus eigener Erfahrung.
Verantwortung liegt bei Tätern
"Die Verantwortung dafür, dass wir als Frauen ohne Gewalt leben dürfen, liegt nicht bei uns Frauen, sondern bei den Tätern", stellt Ute Staufer fest. Allerdings könnten sich Frauen auch wappnen. Selbstbewusstes Auftreten sei ein gewisser Schutz. Viele Frauen und Mädchen würden ihre mentalen und körperlichen Kräfte unterschätzen, versichern unsere Gesprächspartnerinnen. Einen 100-prozentigen Schutz davor, Opfer zu werden, gibt es nicht. Auch nicht für Frauen, die einen Kurs bei Ille Bintig absolviert haben. Die WenDo-Trainerin vermittelt Frauen und Mädchen mehr Selbst-Sicherheit und setzt dabei vor allem auf innere Stärke. Durch Rollenspiele und Übungen lernen die Teilnehmerinnen zum Beispiel kleine Tricks kennen, wie sie sich aus ungewollten Umarmungen oder einem nicht enden wollenden Händedruck befreien können. Bintig will außerdem das Bauchgefühl der Frauen stärken und sie ermutigen, darauf zu hören: Es sei ein guter Ratgeber.
Mit Kampfsport hat WenDo nach ihren Worten nichts zu tun - auch wenn sie Frauen zu Beginn eines Kurses als erstes auffordert, ein Brett mit der Hand zu durchschlagen. Dass es geht, könnten Frauen am 8. März am Info-Stand erproben.
Im Frauenhaus werden regelmäßig WenDo-Kurse angeboten. "Sie sind die perfekte Ergänzung zu unserer Arbeit", sagt die Frauenhaus-Leiterin. Weidig hat die Übung mit dem Brett "schon vor 25 Jahren" gemacht und gemeistert.
"Frauen wehrt euch" will auch Kriminalkommissarin Steinbach am 8. März vermitteln und Besucherinnen ganz praktische Verhaltenstipps geben, wie sie Schlüssel, Schirm oder Kugelschreiber im Notfall zur Gegenwehr einsetzen könnten. Wichtig sei auch, Vorfälle anzuzeigen.