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Angehörige pflegen am häufigsten


Autor: Carmen Schwind

Forchheim, Dienstag, 20. Oktober 2015

Wohnen  Die meisten hilfsbedürftigen Menschen werden zu Hause betreut. Im Landkreis liegt ihre Zahl bei über 1100.
Eine Frau versorgt ihren pflegebedürftigen Mann - das ist häufig der Normalfall. In diesem Fall leistet eine Pflegeschwester vom Deutschen Roten Kreuz professionelle Unterstützung.  Foto: Archiv/epd


von unserer Mitarbeiterin Carmen Schwind

Kreis Forchheim — Wer gesund und mobil ist, hat es gut. Allerdings liegt es in der Natur des menschlichen Körpers, dass er etwa ab dem 30. Lebensjahr abbaut. Was, wenn der Mensch im Alter nun Hilfe braucht? "Hier in Hallerndorf gibt es eine sehr ländliche Struktur. Da können Senioren daheim leben und werden - soweit es geht - von der Familie gepflegt", sagt Sebastian Schwarzmann, Seniorenbeauftragter in Hallerndorf.
Diese Aussage gilt auch für den gesamten Landkreis Forchheim, wie das seniorenpolitische Gesamtkonzept von 2013 zeigt. Darin heißt es: "Da in ländlichen Gebieten das Verwandtschaftssystem noch etwas gefestigter ist, werden auf dem Land tendenziell seltener ambulante Pflegedienste in Anspruch genommen." Bei dieser Form des Wohnens handelt es sich um private Wohnungen oder Häuser in Kombination mit Pflegeleistungen. Die Pflege kann entweder durch Angehörige oder Freunde übernommen werden, aber auch durch professionelle Dienstleister. Weitere Wohnformen (Thema in den nächsten Ausgaben) sind Pflegeeinrichtungen mit stationärer und Wohneinrichtungen mit ambulanter Pflege und professionelle Wohnangebote in Kombination mit Pflegeleistungen.
Nach wie vor werden die meisten pflegebedürftigen Menschen in Deutschland daheim von ihren Angehörigen betreut - Tendenz steigend. Gab es zum 31. Dezember 2002 noch 701 Personen im Landkreis Forchheim, die ambulant gepflegt wurden, lag ihre Zahl am 31. Juni 2012 schon bei 1117. Etwa 33 Prozent der Betreuten sind männlich, etwa 67 Prozent weiblich. Den Grund für diese Aufteilung sieht das seniorenpolitische Gesamtkonzept darin, "dass die verheirateten Männer im Falle der Hilfe- und Pflegebedürftigkeit aufgrund der höheren Lebenserwartung von Frauen in der Regel noch auf die Hilfe ihres Ehepartners zurückgreifen können."
Etwa 26 Prozent sollen nach Angaben der Pflegedienste im Landkreis "Hilfebedürftige" sein, das heißt sie benötigen beispielsweise Hilfe im Haushalt. Etwa 13 Prozent weisen einen Pflegebedarf unter 90 Minuten am Tag auf und gehören somit zur "Pflegestufe 0". 35 Prozent der Pflegebedürftigen im Landkreis sind der Pflegestufe I (erhebliche Pflegebedürftigkeit, mindestens 90 Minuten am Tag, davon 45 Minuten Grundpflege) zugeordnet, über 18 Prozent der Pflegestufe II (Schwerpflegebedürftigkeit, mindestens drei Stunden am Tag, davon zwei Stunden Grundpflege) und knapp 7 Prozent zählen zur Pflegestufe III (Schwerstpflegebedürftigkeit, mindestens fünf Stunden am Tag, davon vier Stunden Grundpflege). Ob Voraussetzungen für eine Pflegestufe vorliegen, überprüfen die Mitarbeiter des Medizinischen Dienstes der Krankenkassen (MDK) vor Ort.
Angelika Fuchs aus Kirchehrenbach ist eine Tochter, die ihre 86-jährige Mutter Ursula Bartz zu Hause pflegt. "Sie soll so lange wie möglich daheim leben können", erklärt Fuchs. Sie wäscht und duscht die Mutter, frisiert sie, macht ihr Frühstück, Mittagessen, Kaffee, Abendbrot, hält Rituale ein, macht leichte Gymnastikübungen mit ihr, versorgt sie für die Nacht und steht auch nachts mehrmals auf, um sich zu kümmern.
Eine Dame vom MDK besuchte die beiden Frauen, um die Pflegebedürftigkeit zu überprüfen. Sie begutachtete die Wohnung und stellte höflich gezielte Fragen, die später ausgewertet werden. "Leider sind in unserer Gesellschaft Senioren eher lästig. Früher galten sie als erfahren und weise und wurden nach ihrer Meinung gefragt", sagt Angelika Fuchs.


Professionelle Hilfe holen

Wenn Sie die Mutter dann mal alleine lässt, hat sie immer im Hinterkopf: Hoffentlich passiert zwischenzeitlich nichts. "Es ist aber keine Schande, wenn man sich Hilfe holt, wenn man die Pflege alleine nicht mehr schafft", betont Angelika Fuchs. Und sie gibt pflegenden Angehörigen den Rat, auf sich selbst zu achten und für Ausgleich zu sorgen. Denn ohne sie wären alle noch schlechter dran.
Informationen zur häuslichen Pflege gibt es im Internet, bei Krankenkassen, Vereinen (zum Beispiel www.seniorengemeinschaft-ehrenbuerg.de) oder bei den Seniorenbeauftragten der Gemeinden und am Landratsamt (zuständig für Senioren ist hier Andrea Fleckenstein, Tel. 09191/86-2354)