An den Grenzen des Machbaren
Autor: Simone Bastian
Coburg, Donnerstag, 24. Sept. 2020
Mehr Radwege, mehr Buskapazitäten: Dagegen hat im Stadtrat niemand etwas. Aber: Nicht jeder Radweg wird als notwendig betrachtet, manchmal ist das Planungsrecht im Weg, und manchmal ist der Stadtrat gar nicht zuständig.
Verkehrsthemen werden den heutigen Freitag in Coburg prägen: Die Busfahrer haben einen Warnstreik angekündigt (siehe Text unten), und Fridays for Future (FFF) wollen ab Mittag auf die Straße gehen. Am Donnerstag hatten sie ihre Forderungen vorm Kongresshaus ausgebreitet: "Bezahlbare Mobilität für alle", stand da auf der Bodenzeitung zu lesen, "Fahrradstadt jetzt" und "kein vierspuriger Ausbau im Weichengereuth". In der Sitzungspause drückten drei der FFF-Vertreter das Flugblatt mit ihren Forderungen dem Oberbürgermeister Dominik Sauerteig und seinem Bruder, dem Klimaschutzreferenten Stefan Sauerteig in die Hand (beide SPD).
Drinnen, bei der Stadtratssitzung im Kongresshaus, waren die Grenzen des Machbaren freilich schnell erreicht. Klaus Klumpers (ÖDP) hatte zum Beispiel beantragt, in Creidlitz einen Radweg vom Ortseingang auf der Coburger Seite bis zum Hambacher Weg zu bauen. Das wurde abgelehnt. Die Verwaltung hatte darauf hingewiesen, dass dafür die barrierefreie Haltestelle und fünf Bäume beseitigt werden müssten, von Parkplätzen ganz abgesehen.
Seinen Antrag, ein Planfeststellungsverfahren für einen Radweg in Creidlitz entlang der Bahnlinie einzuleiten, zog Klumpers dann zurück - denn dafür muss die Bahn mit ins Boot. Eigentlich sollte der Radweg mit der Creidlitzer Bahnunterführung gebaut werden, doch dafür gibt es noch keinen Bebauungsplan.
Ein weiteres Verkehrsthema beschäftigte den Stadtrat beinah eine Dreiviertelstunde lanr: Klumpers hatte beantragt, dass die SÜC beauftragt werden solle, in Kooperation mit privaten Unternehmen zusätzliche Busse einzusetzen, um alle Schüler sicher und mit gebotenen Abständen zur Schule bringen zu können. Um zusätzliche Busse habe sich der SÜC-Verkehrsbetrieb schon bemüht, machte dessen Leiter Raimund Angermüller deutlich: Sieben zusätzliche stehen für Verkehrsspitzen bereit, vier aus der SÜC-Werkstattreserve, drei von Privatunternehmen. Die SÜC "klappert weiterhin den Markt ab", versicherte Angermüller. Denn wenn die nasskalte Jahreszeit kommt, erwartet er mehr Schüler in den Bussen. Die dann erforderlichen Fahrzeuge wolle er sich schon im Vorfeld sichern. Derzeit würden die sonst ungeliebten Elterntaxis im Busverkehr für Entlastung sorgen.
"Die Frage ist: Wann ist ein Bus voll", sagte Angermüller. Für die SÜC dann, wenn 50 bis 55 Schüler drinnen sind. Aber generell gelte: "Im öffentlichen Personennahverkehr kann der Mindestabstand nicht eingehalten werden."
Angermüllers Appell an die Busfahrgäste: Wer kann, sollte nicht morgens und mittags mit dem Bus fahren, wenn die Schüler unterwegs sind. Denn wenn ein Bus voll sei, könne es passieren, dass er an den folgenden Haltestellen nicht mehr stoppt und ein Ersatzbus losgeschickt werden muss.
Problem war nicht Klumpers Anliegen an sich, sondern die Frage, was der Stadtrat dazu beschließen solle. Denn die SÜC seien ja schon dabei, das zu tun, was Klumpers wolle, sagte OB Sauerteig. Klumpers und Ina Sinterhauf (Grüne) machten deutlich, dass die SÜC das Signal erhalten solle, dass die zusätzlichen Busse notfalls von der Stadt bezahlt würden. Klumpers hatte in seinem Antrag konkret gefordert, die Buskapazitäten zu verdoppeln oder gar zu verdreifachen. Der ÖDP-Mann war dann bereit, es bei der "Verdoppelung der Platzzahl" zu belassen, doch der Stadtrat hätte dieser Änderung des Beschlusstextes zustimmen müssen. Er tat es nicht. Kurt Knoch (CSU/JC) schlug stattdessen vor, die Schulbuskapazitäten "deutlich" zu erhöhen, aber auch das fand keine Mehrheit - bei Stimmengleichheit war der Vorschlag abgelehnt. Christian Müller (CSB) kritisierte das "Beschlussungetüm", wonach der OB als Vertreter des Gesellschafters Stadt Coburg die SÜC hätte beauftragen sollen, mehr Busse einzusetzen. Es genüge, zu beschließen, dass die SÜC in ihren Bemühungen fortfahren mögen, sagte Müller. Doch auch dieser Änderungsvorschlag fiel durch. Am Ende wurde der gesamte Antrag von Klumpers abgelehnt.