Als Panzersperren in Forchheim standen
Autor: Manfred Franze
Forchheim, Mittwoch, 08. April 2020
Eine dreiteilige Serie berichtet über das Ende des Zweiten Weltkriegs in Forchheim und der Fränkischen Schweiz im April 1945. Der Kampfkommandant entschied, Forchheim mit allen Mitteln zu verteidigen. Er gab Befehl, die elf Brücken zu sprengen, die in die Stadt führten.
Vor 75 Jahren fieberten im April 1945 die Menschen in Forchheim und in der Fränkischen Schweiz dem Kriegsende entgegen. Die amtlichen Wehrmachtsberichte und auch die abgehörten "Feindsender" kündeten Tag für Tag die immer näher kommende Front an. Ab Ende März hörte man schon den Kanonendonner von Westfront her. Nahezu ungeordnet zogen sich Einheiten der deutschen Wehrmacht in den damaligen Landkreis Ebermannstadt zurück und wurden in den größeren Orten des östlichen Landkreises untergebracht.
Luftangriffe
In der Woche nach Ostern attackierte die amerikanische Luftwaffe gezielt die Transportwege in der Region. Am 5. April gab es beim Angriff auf den Haupt- und Güterbahnhof in Nürnberg 195 Tote, 480 zerstörte Weichen und 25 Kilometer zerstörte Gleise und in Bayreuth 88 Tote. Tiefflieger griffen am 5. und 6. April die Bahnlinien nach Ebermannstadt und Höchstadt an. Ein Postbediensteter starb bei Wiesenthau und sieben Personen im Zug nach Höchstadt, der im Bahnhof Forchheim stand.
Forchheim und die Fränkische Schweiz waren bei den insgesamt 16 Luftangriffen auf Nürnberg Anflug- und Sammelgebiet der feindlichen Luftgeschwader, die teilweise mit über 1200 Bombern und bis zu 600 Begleitjägern Angst und Schrecken einjagten. Allein zwischen dem 1. Januar und dem 14. April 1945 wurde in Forchheim 75 Mal Fliegeralarm gegeben.
Die Bewohner eilten dann in der Regel in ihre Hauskeller oder in den Kellerwald. Am "Weißen Sonntag", 8. April 1945, mussten sich die Mädchen - so die Aussage einer Zeitzeugin - auf dem Weg zur Pfarrkirche St. Martin "in ihrer Kommunionkleidung auf den Boden" werfen, weil Tiefflieger im Anflug waren.
Standrecht und Panzersperren
Einen Tag nach dem Fliegerangriff auf den Forchheimer Bahnhof verhängte der Forchheimer Stadtkommandant am 7. April das Standrecht. Damit setzte er ordentliche Gerichtsverfahren außer Kraft und zog das Recht an sich, per Standgericht sofort Urteile zu fällen und zu vollstrecken. Nach Hitlers Führerbefehl hatte der Kampfkommandanten die Pflicht, "den Ortsstützpunkt mit allen Mitteln zäh zu verteidigen und dadurch die Voraussetzungen für erfolgreiche Weiterführung des Kampfes in einem Frontabschnitt zu schaffen". In Forchheim mussten deshalb die drei Kompagnien des Volkssturms Panzersperren in den Ausfallstraßen Richtung Burk, nach Eggolsheim am Kanalhäuschen und in Richtung Reuth errichten. Sie bestanden meist aus einem Paar links und rechts der Straße eingerammten Baumstämmen oder - wie ein Foto aus der Sattlertorstraße zeigt - mehreren Eisenträgern, zwischen die dann bei Annäherung des Feindes Baumstämme gelegt werden konnten. Die Panzersperren waren um die zwei Meter hoch und sollten durch den Volkssturm verteidigt werden.
Die Verteidigung Forchheims
In Karl Kunzes Standardwerk "Kriegsende in Franken" finden sich keine Hinweise, welche Truppenteile in Forchheim zur Verteidigung aufgeboten wurden. In Augenzeugenberichten ist die Rede von einem "Divisionsstab", der Ende März nach Forchheim verlegt worden sei. Die Division selbst sei "aber nur auf dem Papier" gestanden und dazu bestimmt gewesen, "zurückflutende beziehungsweise sich absetzende Truppenteile aufzufangen und sie mit örtlichen Volkssturmeinheiten" einzugliedern.
Tatsächlich befanden sich in den drei Volkssturmkompanien, die an den Panzersperren Wache hielten, Wehrmachtsangehörige. Eine Flak-Abteilung sollte von ihrem Gefechtsstand bei Schlaifhausen aus die von Westen her anrückenden feindlichen Panzerverbände stoppen. Ihr Hauptmann Horst Schlusnus behauptete nach dem Krieg, er habe Forchheim vor der Zerstörung gerettet, weil er zum einen der örtlichen Parteiführung Flakkanonen für den "Straßenkampf in Forchheim" verweigert habe und zum anderen mit seinem Sperrfeuer über die Stadt hinweg die amerikanischen Panzer jenseits der Regnitz zum Halt vor Burk gezwungen habe. Das sei in der Nacht vom 14. auf den 15. April zwischen 2.30 und 4.30 Uhr gewesen.