Als die Spitfire zurückkam, blickte Hans Köstner dem Tod ins Auge
Autor: Marco Meißner
Nordhalben, Montag, 13. April 2015
Nordhalben — Hans Köstner (86) ist mit damals 16 Jahren der älteste der Zeitzeugen, der am Dienstag beim Bildungsabend sprechen wird. Kurz vor dem Beschuss von Nordhalben sollte er...
Nordhalben — Hans Köstner (86) ist mit damals 16 Jahren der älteste der Zeitzeugen, der am Dienstag beim Bildungsabend sprechen wird. Kurz vor dem Beschuss von Nordhalben sollte er noch zum Militärdienst eingezogen werden. Im Zug hätte er beinahe den Tod gefunden.
"Ich habe zwei Einberufungen bekommen, am 7. und am 9. April", stellt Köstner fest. Das zeige, dass damals hinter den Kulissen wohl schon die Auflösungserscheinungen des Reichs für ein Durcheinander gesorgt haben. Mit dem Zug ist Köstner zunächst nach Kronach gefahren. Da war Endstation, weil Tiefflieger die Gleise zerstört und damit eine Weiterfahrt verhindert hatten.
Auf dem Rückweg bemerkte er einen Aufklärer. "Eine so genannte Lightning", erinnert er sich. Man hatte die jungen Leute damals unter anderem in Flugzeugerkennung geschult, so das Köstner gleich wusste, was da über dem Zug herumschwirrte. Dann folgte der Angriff.
"Kurz vor der Goldbachbrücke haben zwei Spitfire-Jäger den Zug beschossen", erinnert sich der Nordhalbener. "Dampf ist rausgezischt. Die Geschosse hatten den Kessel durchschlagen." Doch nicht nur die Maschine war getroffen. "Ich habe keinen Schmerz gespürt. Es war wie ein Taubheitsgefühl im Bein. So, als hätte einer mit einem Prügel draufgeschlagen", erzählt Köstner von dem Querschläger, der ihn am Gelenk erwischt hat.
Um aus dem Zug zu kommen hat er sein taubes Bein mit den Händen über den Fensterrahmen geschleudert. Als er da saß, kam eine Spitfire im Tiefflug zurück.
Der Nordhalbener weiß noch genau: "Wenn die Maschine 15 oder 20 Meter über dem Boden fliegt, dann siehst du den Piloten drin sitzen." Bei diesem Anblick dachte er, "mein letztes Stündlein hätte geschlagen". Der Flieger war allerdings kein schießwütiger "Cowboy". Anders als der Pilot, der in Nordhalben zu einem
anderen Zeitpunkt sogar das Vieh beschossen hatte. Dieser Flieger drückte den Abzug nicht mehr durch. Hans Köstner durfte weiterleben.
Der damals junge Mann wurde nach Hause gebracht und operiert. Starkes Wundfieber folgte. Doch er kam durch. "Und den Geschosskern von damals habe ich heute noch daheim."