Druckartikel: Als Bienendiebstahl üblich war

Als Bienendiebstahl üblich war


Autor: Manfred Welker

Herzogenaurach, Donnerstag, 05. November 2015

Geschichte  Vor rund 400 Jahren hatten die Kriminellen andere Betätigungsfelder als heute. 1610 wurde in Herzogenaurach einem Georg Schäfer der Prozess gemacht, der die Zeidler regelmäßig um den Lohn ihrer Arbeit brachte.
Zum Schutz vor Bären, die es auch auf den Honig abgesehen hatten, bewaffneten sich die Zeidler wie auf dieser historischen Darstellung oft mit einer Armbrust. Repro: Manfred Welker


von unserem Mitarbeiter Manfred Welker

Herzogenaurach — Die vielen Wälder in unserer Region dienten in den vorangegangenen Jahrhunderten der sehr beachtlichen Bienenzucht, die im Mittelalter neben dem Wachs für Kerzen vor allem Honig als den einzigen Süßstoff lieferte. Auch die Lebkuchenherstellung in der Freien Reichsstadt Nürnberg war ohne den Honig aus der Region kaum vorstellbar.
Nicht nur die Zeidler genannten Imker sorgten sich um die Bienen, auch viele Bauern hatten Bienenstöcke bei ihren Anwesen oder am Waldrand stehen. Da diese nicht ständig beaufsichtigt werden konnten, waren sie nicht selten das Ziel von Diebstählen. Im September 1610 wurde in Herzogenaurach eine besondere Art der Langfinger eingeliefert, Georg Schäfer aus Uehlfeld, der sich mit unbezwinglicher Leidenschaft dem Bienendiebstahl hingegeben hatte. Er gestand ohne weiteres und erzählte dem Richter von seinen Beutezügen.
Vier Jahre zuvor hatten er und seine ledige Schwester zwei Bienenstöcke bei Rockenbach in der Nähe von Neustadt/Aisch einem Bauersmann beim Brunnen gestohlen, nach Nürnberg getragen und um drei Gulden verkauft. In Mailach bei Uehlfeld hatten er und zwei seiner Schwestern ebenfalls 1606 vier Bienenvölker beim Stainlein gestohlen, nach Nürnberg getragen und dem Lebküchner Stieber um fünf Gulden verkauft.


Mit der Schwester auf Tour

Er und seine Schwester, des Körners Hausfrau, hatten 1609 zwei Bienenvölker in Hammerbach gestohlen, welche er und sein Schwager Hans Körner in Nürnberg um drei Gulden verkaufte. Dem Erhard Lang zu Demantsfürth stahlen er und seine ledige Schwester drei Bienenvölker, mit denen er in Herzogenaurach ergriffen und eingesperrt wurde.
Die Affinität zu Bienen war anscheinend in der ganzen Familie verbreitet, denn auch sein Schwager Hans Körner, sonst Schneckenhans genannt, hätte samt seinem Weib ein Jahr zuvor zwei Bienenvölker in Welkenbach gestohlen, erzählte Schäfer. Dazu hätte er aber nicht geholfen, da er seinem Schwager nicht folgen wollte. Das Weib des Schneckenhans und dessen Sohn hätten gesagt, sie wären des Stehlens halber gen Rezelsdorf gegangen, hätten aber nichts ausrichten können. Er selbst sei mit beiden in etliche Dörfer wie Weisendorf, Mitteldorf, und Nankendorf bei Nacht ausgezogen, sie hätten aber nichts erbeutet. Und als sie zu seinem Schwager Körner nach Herzogenaurach gekommen seien, habe dieser sein Weib schlagen wollen, weil sie nichts ausgerichtet und angenommen, sie würden ihn betrügen.


Wegen Sodomie hingerichtet

Zu Oberhöchstadt wären sechs Bienenkörbe gestanden. Die wollten er und seine beiden Schwestern stehlen, als sie aber nicht einkommen konnten, zogen sie nur Rüben aus und nahmen sie mit. Als er in Demantsfürth das letzte Mal gestohlen und die Beute zu seinem Schwager Körner gebracht habe, habe er an diesen das Ansinnen gestellt, er solle mit seiner Frau und seinem Sohn nach Eckenberg gehen, allda wisse er zehn Bienenstöcke, die sollten sie stehlen. Weil sie aber noch ein kleines Kind hatten, welches sie nicht zuhause lassen konnten, lehnte Körner ab.
Beim Verhör stellte sich heraus, dass Schäfer mit seinen Aussagen die Schuld auf andere abwälzen wollte, besonders seine ledige Schwester habe ihn zu solchen Stehlen angestiftet und ihr sollte er hilfreich sein. Aber auch unter der Folter machte er keine andere Aussage. Er bat um Urteil und verlangte vom Richter, den Körner nicht zu verschonen, ansonsten wolle er das Abendmahl nicht empfangen. Weil Schäfer noch ein anderes Vergehen (Sodomie) gestand, wurde er im Oktober des Jahres 1610 hingerichtet. Seinen zwei Schwestern gelang es zu entfliehen.
Der Schneckenhans wurde zuerst gütlich, dann mit Beinschrauben examiniert und gestand schlussendlich. Hans Körner und seine Frau wurden mit Ruten ausgestrichen und des Landes verwiesen.