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Alle Lidl-Märkte sind Notinseln


Autor: Josef Hofbauer

Neuses an der Regnitz, Montag, 30. Juli 2018

Die Stiftung "Hänsel und Gretel" weitet ihr bundesweites Notinsel-Netzwerk um 116 Standorte des Discountunternehmens in Nordbayern aus. Das Motto: "Wo wir sind, bist Du sicher."
Hier klebt der Chef noch selbst. Lidl-Fililalleiter Sebastian Richter bringt den Notinsel-Aufkleber in Augenhöhe der Kinder an.  Fotos: Josef Hofbauer


Josef Hofbauer

Mit dem Kinderschutz-Projekt "Notinsel" habe die Stiftung "Hänsel und Gretel" die Initiative ergriffen und eine Möglichkeit geschaffen, Kindern in Notsituationen Fluchtpunkte aufzuzeigen, wo sie Hilfe bekommen, erklärt Maria Sussner, die das Projekt bundesweit betreut. Zufluchtsorte sind sämtliche Geschäfte, von Bäckereien über Friseurläden bis Apotheken. Neu dabei sind sämtliche Lidl-Einkaufsmärkte. Damit, so Lidl-Geschäftsführer Sascha Estel, kommen allein in Franken 116 Einkaufmärkte als Notinseln hinzu.
"Einmal ist es ein großer Hund, der einem Kind Angst einflößt, ein andermal sind es größere Schüler, die den Kleinen etwas wegnehmen", berichtet Maria Sussner. Es kann auch ein platt gefahrener Reifen am Fahrrad sein, der das Kind verzeifeln lässt, weiß Sascha Estel, Vater von vier Kindern, aus Erfahrung. "Eine Siebenjährige hat im Winter einfach an der nächstbesten Haustür geklingelt und den Bewohner gebeten, er möge ihr doch den Reißverschluss ihrer Jacke zumachen, weil sie friert", erzählt Maria Sussner aus der Praxis.
"Kinder brauchen Schutz", fasst Sussner zusammen. Sie unterstreicht: "Alle Geschäfte mit dem 20 mal 20 Zentimeter großen Notinsel-Zeichen an der Tür bieten den Kindern nicht nur Zuflucht, sie setzen auch ein ein deutliches Zeichen für den Kinderschutz und gegen potenzielle Täter." So habe die Anlaufstelle "Notinsel" auch eine wichtige Präventivfunktion.
Der Beauftragte für "Mitarbeiter und Soziales" bei Lidl, Norbert Bock, verweist darauf, dass die Mitarbeiter durch den Aufkleber an der Türe eine Verantwortung für die Kinder übernommen hätten.
Das Unternehmen hat seine Bediensteten mit den Handlungsanweisungen ausgestattet, damit sie wissen, was zu tun ist, wenn ein Kind im Laden steht und Hilfe sucht. Das Wichtigste: Dem Kind zuhören, es ernst nehmen und beruhigen und dann nach Lösungen des jeweiligen Problems suchen.
Für alle Fälle liegt in den Filialen eine Liste mit den Telefonnummern der Geschäftsstellen des Kinderschutzbundes auf. Damit die Kinder wissen, dass nun auch die Lidl-Einkaufsmärkte als Notinsel genutzt werden können, legt das Unternehmen Flyer zum Mitnehmen auf. Notinseln seien auch Anlaufstellen wenn ein Kind Zuhause niemanden erreicht oder wenn ein Kind nicht nach Hause will. Auf diese Weise, so berichtet Maria Sussner, sei bereits ein Fall häuslicher Gewalt aufgedeckt worden.
Wie wichtig solche Anlaufstellen sind, zeige das Beispiel Nürnberg. Dort sind die Lidl-Märkte bislang die einzige Anlaufstation. In Forchheim startete der Arbeiter-Samariter Bund (ASB) bereits 2010 die Initiative "Kinderinsel", an der sich rund 40 Unternehmen beteiligten. Es gehe darum, ein Netzwerk zu schaffen, von dem die Kinder wissen, dass sie dort Hilfe finden, hatte der damalige ASB-Geschäftsführer Wolfgang Caps betont. Daran habe sich bis heute nichts geändert, beteuert Stefan Schmidt vom ASB. Sicherheit geben sei das oberste Ziel der Initiative. Dies gelte für Auseinandersetzungen, bei denen das Kind in den Geschäften Zuflucht findet, ebenso wie bei Verletzungen, wenn jemand den letzten Bus verpasst hat oder in allen anderen Situationen, in denen die Kinder allein nicht weiterwissen.
Und warum gibt es zwei unterschiedliche Logos und zwei verschiedene Namen für das gleiche Ziel? "Wie die Initiative heißt, ist unerheblich. Wichtig ist, dass den Kindern geholfen wird", findet Stefan Schmidt. Er räumt ein, dass die Sache bei dem einen oder anderen in Vergessenheit geraten sein könnte. "Wer einen neuen Aufkleber braucht, kann sich gerne bei uns melden", so Schmidt. Auch Maria Sussner ist für eine Kooperation offen. Wer sich der Notinsel-Aktion der Stiftung Hänsel und Gretel anschließen will, kann sich bei ihr melden, Telefon 09120/182822.